: Vollbremsung beim Wirtschaftswachstum
Trotz Weihnachten und Regierungswechsel stagniert die deutsche Konjunktur wegen schwachen Konsums
BERLIN taz ■ Der DAX ist im Höhenflug – doch die deutsche Wirtschaft stagnierte im letzten Quartal 2005. Wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte, lag die Wachstumsrate im Vergleich zum dritten Quartal bei exakt 0,0 Prozent. Die Eurozone kam im vierten Quartal auf 0,3 Prozent. Im Gesamtjahr 2005 betrug das deutsche Wachstum 0,9 Prozent, in der Eurozone waren es 1,7 Prozent.
Hauptgrund für die deutsche Wachstumsschwäche: Der private Konsum nahm weiter ab. Denn 2005 sanken die deutschen Reallöhne, wie die Statistiker bereits im Januar gemeldet hatten. Während die Inflationsrate bei 2 Prozent lag, stiegen die Bruttolöhne pro Arbeitnehmer nur um 0,5 Prozent. Die Nettolöhne nahmen immerhin um 0,9 Prozent zu – durch die dritte Stufe der Steuerreform.
Diese Steuergeschenke führten dazu, dass auch der Staat 2005 ein schlechter Kunde war. „Positive Wachstumsimpulse“ kamen, so das Statistische Bundesamt, „ausschließlich von den Investitionen“. Noch ist keineswegs sicher, ob dieser neue Trend anhält: Im Dezember gingen die Auftragseingänge um 1,6 Prozent zurück. Allerdings könnte es sein, dass viele Firmen ihre Investitionen zurückgehalten haben, da die große Koalition die Abschreibungsmöglichkeiten erst ab 2006 verbessert hat.
Die meisten Experten bleiben jedenfalls optimistisch. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag korrigierte gestern seine Wachstumsprognose von 1,5 auf 2 Prozent. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung „wird an seiner Wachstumsprognose nichts ändern“, bestätigte DIW-Konjunkturforscher Stefan Kooths der taz. Man bleibe bei 1,7 Prozent für 2006 und erwarte ein „sehr starkes Exportjahr“.
Zudem gebe es „einige Sondereffekte“ wie etwa die Mehrwertsteuer, die ab 2007 von 16 auf 19 Prozent steigen soll. Dies dürfte so manchen Kunden bewegen, seine Anschaffungen früher zu tätigen. Genau dieser „Vorzieheffekt“ könnte jedoch bedeuten, dass der private Konsum 2007 schon wieder einbricht. Für das nächste Jahr prognostiziert das DIW daher auch nur noch ein Wachstum von 1,2 Prozent.ULRIKE HERRMANN
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