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Archiv-Artikel

Es gibt eine Alternative

betr.: „Der Sinn der Demos gegen die Dienstleistungsrichtlinie ist fraglich“, Kommentar von Hannes Koch vom 11./12. 2. 06

In der Bewertung der Demos gegen die Dienstleistungsrichtlinie wird dem/der LeserIn mal wieder klar gemacht: Es gibt keine Alternativen. Da können auch Gewerkschaften, SPD und Attac gar nichts dran ändern. In der üblichen pseudorationalen Argumentation arbeitet sich Hannes Koch an der Unvermeidbarkeit des sozialen Abstiegs des Hochlohnlands Deutschland ab (darum ging es doch eigentlich – oder?), und außerdem ist doch alles schon lang Realität. Um die Sache rund zu machen fehlt am Ende natürlich nicht der Hinweis auf die 5 Millionen Arbeitslosen in Deutschland.

Doch, es gibt sie, die Alternativen zur Dienstleistungsrichtlinie. Man kann natürlich den geplanten Ausverkauf der nationalen arbeitsrechtlichen Mindeststandards getrost verschweigen – oder eben genau dafür auf die Straße gehen. Ich glaube nicht, dass dem Menschen mehr geholfen ist, wenn er unter unwürdigen Bedingungen arbeiten muss, sondern dass ein Mindestmaß an Arbeitsqualität unser Ziel sein sollte.

Meine Erfahrung ist leider nicht, dass die Arbeitgeber freiwillig die Arbeitsbedingungen verbessern. Kleine Kostprobe aus dem realen europäischen Arbeitsmarkt? Hier in London gibt es keine Arbeitsmarktregulierung für die Menschen aus den Beitrittsländern. Die Folge: Einen Job oberhalb des lächerlich geringen Mindestlohns zu bekommen, ist fast ausgeschlossen. Und der Schwarzmarkt mit Löhnen zwischen 3 und 4 Pfund (in Kaufkraft entspricht das 1:1 dem Euro) boomt gewaltig. Fragt sich nur, was den Menschen in den Beitrittsländern der Lohnverfall im Westen bringt – mehr Arbeitsplätze in ihrer Heimat bestimmt nicht, denn diesen Vorteil verlieren die Firmen dort zusehends. GREGOR FELLENZ, London