Nicht nur spielen, auch beißen!

Mit der Peperoni-Strategie können natürliche Aggressionen konstruktiv im Job eingesetzt werden. Das gilt für Manager wie für Akademiker

VON LARS KLAASSEN

„Neben Fachkompetenz und Teamfähigkeit brauchen auch Wissenschaftler eine gute Portion Durchsetzungsstärke im Berufsleben“, sagt Jens Weidner, Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg. Der Aggressionsexperte und Managementtrainer beschreibt in seinem Buch „Die Peperoni-Strategie“, wie man sich genügend Schärfe und Biss für den Job aneignet. Auch an Hochschulen und Forschungsinstituten gilt: Wer seine Ziele erreichen will, braucht Courage und Rückgrat. Wer das nicht mitbringt, wird schnell über den Tisch gezogen. Die Peperoni-Strategie zeigt Wege auf, der potenziellen Opferrolle zu entgehen, mehr Selbstsicherheit zu erlangen und sich mit der richtigen Strategie gegen Konkurrenten durchzusetzen. Weidner betont: „Entscheidend ist, die eigene, ohnehin vorhandene Aggression konstruktiv einzusetzen.“

Mit einem „Nein!“ zur richtigen Zeit geht’s los

Das fängt schon am Beginn der Karriere an, etwa mit einem mutigen „Nein“ gegen Ausnutzung: Wer vom Doktorvater so mit Arbeit überhäuft wird, dass es kein Hinterherkommen mehr gibt, sollte sich fragen, ob nicht Kalkül dahintersteckt. Weidner: „Schwarze Schafe saugen ihre Zöglinge für Forschungsprojekte aus.“ Das Ergebnis kann sein, dass die Promotion scheitert und der Herr Professor die getane Arbeit unter eigenen Namen verwertet. „In solchen Fällen ist Widerstand geboten – und im Ernstfall ein Wechsel des Doktorvaters“, sagt Weidner. Krach schlagen sei besser, als still unterzugehen.

Ist die Professur erreicht, gilt Vorsicht gegenüber etablierten Kollegen, auch – oder gerade – bei Lobeshymnen: „Gerne werden die Neulinge gebeten, die Lehre für die Basics im Grundstudium zu übernehmen“, so Weidner. „Denn die anderen wollen über den Sommer keine 220 Klausuren und Hausarbeiten korrigieren.“ Die Lorbeeren der Kollegen – „er macht das so gut“ – und tolle Ergebnisse bei der Evaluation binden an die arbeitsintensive Tätigkeit. Zeit für ehrgeizige Forschungsprojekte haben dann nur die anderen.

Da in der Wissenschaft Ruhm und Ehre winken, lässt auf der anderen Seite auch der Neid nicht auf sich warten. Bedeutende Publikationen über die eigene Tätigkeit werden von Kollegen ignoriert? Aber ein kritischer Dreizeiler sofort am Institut herumgereicht? Weidner: „Aktive Professoren müssen lernen, dass Lob immer nur von außen kommt, fast nie aus dem direkten Umfeld an der eigenen Uni.“ Wer eine Stütze fürs Ego braucht, sollte sich das nötige positive Feedback von Kollegen an anderen Unis holen. Aktives Networking hilft.

Je höher der Platz auf der Karriereleiter, desto größer die Möglichkeiten, offensiv zu gestalten. Beispiel Fakultätswahlen: Da ist Netzwerkarbeit gefordert um die nötigen Stimmen zu erlangen. Das heißt: nicht nur die Kollegen umschmeicheln, mit denen man auf Augenhöhe ist. Auch Assistenten und studentische Vertreter können entscheidende Stimmen beitragen. Und die freuen sich, wenn ein Professor ihnen mal ein wenig Aufmerksamkeit widmet. Das gezeigte Interesse sollte aber nicht geheuchelt sein. Denn Enttäuschungen können sich später rächen.

Latente Drohung kommt meist in freundlichem Ton

Versteckte Machtspiele sind ein Klassiker im Hochschulbetrieb: „Hat ein Dekan eine Auseinandersetzung mit einem Professor, macht er sich diesen über Umwege gefügig“, erläutert Weidner. „Wer etwa eine Debatte über die Neuregelung für Nebentätigkeiten anschneidet, kann sich mit solch einer latenten Drohung Entgegenkommen erkaufen.“ Schließlich leben Professoren von solchen Einnahmen oft sehr gut – und sind notfalls bereit, einen Preis dafür zu zahlen. Der Umgangston bleibt bei solchen Machtspielen natürlich immer freundlich – es geht ja nur um die Sache!

„Solche Beispiele dienen nicht als Vorbilder“, betont Weidner. „Sie sollen lediglich Mechanismen offenlegen, damit man nicht blind in solche Fallen tappt.“ Wie eine Peperoni sollte seine Strategie vorsichtig dosiert werden. Aber: „Wer ein Ziel vor Augen hat, das nicht nur dem eigenen Ego, sondern dem Gemeinwohl dient, sollte dies aber auch ruhig mit Biss verfolgen.“

Jens Weidner: „Die Peperoni-Strategie. So setzen Sie Ihre natürliche Aggression konstruktiv ein“. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2005, 197 Seiten, 19,90 €