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Archiv-Artikel

Zwischen Rüttgers und Lafontaine

Die Familienministerin hat mit ihren Ideen schon Freund und Feind verschreckt. Manche halten sie für gescheitert. Das Urteil kommt zu früh – denn ihre Gesetze mildert die SPD

Von OES

BERLIN ■ taz Es sollte ihr erster großer Auftritt als Familienministerin werden – und gleich gab es einen Riesenkrach. Ursula von der Leyen wollte mit neuen Steuervergünstigungen das alte Dienstmädchenprivileg wieder einführen – diesmal als Kindermädchenprivileg: Die Kinderbetreuung im Haus sollte stärker von der Steuer abgesetzt werden können. Aber erst ab dem tausendsten Euro. So viel aber bezahlen die meisten Eltern gar nicht für das Unterhaltungsprogramm ihrer Sprösslinge. Im Schnitt geben sie für Kita und Co nur 350 Euro im Jahr aus.

Diese Woche war das Gesetz in erster Lesung im Bundestag. In der Zwischenzeit aber hat es eine Sozialdemokratisierung erlebt. Die SPD hat durchgesetzt, dass Familien die Kitakosten ab dem ersten Euro absetzen können. Um maximal 4.000 Euro kann das besteuerte Einkommen verringert werden. Schätzungsweise 460 Millionen Euro gehen dem Fiskus dadurch verloren.

Das gesamte Vorhaben wird von der Opposition abgelehnt. Die Grünen wollen das Geld lieber in den Ausbau der Tagesbetreuung stecken. Für die Linkspartei machte Fraktionschef Oskar Lafontaine in der Plenardebatte noch einmal darauf aufmerksam, dass mindesten 20 Prozent aller Familien von diesem Steuergeschenk ausgeschlossen sind, weil sie zu wenig verdienen und überhaupt keine Steuern zahlen.

„Gescheitert“ sahen einige BeobachterInnen nun die Ministerin ob der Veränderungen ihres ursprünglichen Vorhabens. Dieses frühe Urteil allerdings harrt noch weiterer Untermauerung. Doch die nächsten Hindernisse sind schon in Sicht: Von der Leyens Plan, das bisherige Erziehungsgeld zu einem einjährigen Elterngeld umzubauen, bei dem man 67 Prozent des vorherigen Einkommens erhält, steht in der Kritik – auch ihrer eigenen Partei.

Nordrhein-Westfalen kündigte bereits seine Ablehnung eines entsprechenden Gesetzes im Bundesrat an. Vor allem die Tatsache, dass zwei Monate des Elterngeldes für Väter reserviert werden sollen, stößt Landeschef Jürgen Rüttgers sauer auf. Von der Leyen allerdings reagierte bisher robust und nannte Rüttgers kurz einen „Nörgler“, der erst mal die Kitas in seinem Land ausbauen solle. OES