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Archiv-Artikel

Wilhelmsburger klagen gemeinsam

VERKEHR Anwohner schließen sich für Rechtsschutz gegen die Hafenquerspange und den Ausbau der Reichsstraße zusammen. Schützenhilfe kommt von der IBA: Verkehr müsse außen herumgeführt werden

Sprung über die Elbe

Das dünn besiedelte Wilhelmsburg bietet die Chance, die Stadt in ihrem Zentrum wachsen zu lassen. Dazu hat der Senat zwei werbewirksame Projekte gestartet:

■ IBA 2013: Die Internationale Bauausstellung soll zeigen, wie eine Metropole des 21. Jahrhunderts mit Klimaschutz, Multikulturalität und dem Konflikt verschiedener Nutzungen umgehen kann.

■ IGA 2013: Mit der IBA verknüpft ist eine Internationale Gartenbauausstellung, die Wilhelmsburgs grünen Charakter betont und hilft, die IBA in ihrem Abschlussjahr 2013 zum Ereignis zu machen.

Mehr als 150 WilhelmsburgerInnen haben eine Klagegemeinschaft gegen die Verkehrsprojekte in ihrem Stadtteil gegründet. Die Gesellschaft „Rechtsschutz Lebensqualität Wilhelmsburg“ soll dazu dienen, den gemeinsamen Kampf gegen die geplante Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße und die Hafenquerspange zu finanzieren. „Es geht erst mal darum, eine juristische Beratung zu haben, wie wir unsere Rechte am besten wahren können“, sagt Jochen Klein, der in den siebenköpfigen Lenkungsausschuss der Klagegemeinschaft gewählt wurde.

Die Wilhelmsburger reagierten auf einen Senatsbeschluss vom 23. Februar, beim Bundesverkehrsministerium statt der bisher geplanten Nordtrasse der Hafenquerspange eine Südvariante zu beantragen. Mit der neuen Linienbestimmung soll die Verbindungsautobahn zwischen der A 7 und der A 1 nicht mehr über den Spreehafen hinweg geplant werden, sondern südlich um Moorburg herum und am Südrand Wilhelmsburgs entlang. Außerdem soll die Wilhelmsburger Reichsstraße nach Osten auf die Bahntrasse verlegt und dabei verbreitert werden.

Viele WilhelmsburgerInnen befürchten, dass diese Pläne eines der Hauptprobleme ihres Stadtteils verschärfen: die Zerschneidung durch Verkehrswege. Sie befürchten, dass noch mehr Verkehr durch den Stadtteil geschleust und es vor ihren Häusern noch lauter wird. Die Klagegemeinschaft soll Anwälte bezahlen, die sich bei dem zu erwartenden Planfeststellungsverfahren durch die Meter an Aktenordnern arbeiten. Sie soll den Betroffenen helfen, Einwände zu formulieren. „Alles, was vergessen wird, kann im Klageverfahren nicht mehr geltend gemacht werden“, warnt Klein. Sollten die Autobahnen nicht zu verhindern sein, könnte die Klagegemeinschaft für Lärmschutz und Entschädigungen sorgen.

In ihrer Kritik erhielten die Wilhelmsburger unlängst Schützenhilfe vom Büro der Internationalen Bauausstellung 2013 (IBA) im Stadtteil: Zusätzliche Verkehrsinfrastruktur, die für den Hafen nötig werde, dürfe in keinem Fall Wilhelmsburg weiter zerschneiden, heißt es in einer Stellungnahme der IBA. Das gefährde das städtebauliche Ziel des „Sprungs über die Elbe“, das heißt einer Weiterentwicklung Hamburgs zwischen City und Harburg. Eine Südtrasse drohe Wilhelmsburg von der Süderelbe abzuschneiden und könne unverhältnismäßig teuer werden.

Viel spreche dafür, dass die Hafenquerspange nicht in erster Linie für den Verkehr des Hafens oder Wilhelmsburgs geplant werde, sondern für den überregionalen Verkehr. Ein Lückenschluss zwischen Autobahnen dürfe aber nicht in dicht besiedeltem Gebiet gesucht werden. „Es ist verkehrsplanerisch anerkannte Praxis, überregionalen Autoverkehr nicht durch Stadtgebiete, sondern um sie herumzuführen“, argumentiert die IBA.

Der Senat nennt in seinem Antrag auf Linienbestimmung den Lückenschluss als ein Ziel. Zudem solle die Querspange den Ost-West-Verkehr bündeln, den Hafen besser erreichbar machen und Wilhelmsburg entlasten: An entscheidenden Stellen soll sie in einem Trog oder Tunnel verlaufen.

Die meisten politisch aktiven WilhelmsburgerInnen haben sich schon vor zehn Jahren gegen jegliche Form einer Autobahn-Querverbindung stark gemacht. Stattdessen soll das Netz der Straßen, Schienen und Wasserwege im Hafen ertüchtigt werden. Die Hafenbehörde HPA (Hamburg Port Authority) hat damit bereits begonnen. HPA-Unterlagen zufolge dürfte zumindest der Hafen ohne eine Querspange auskommen.GERNOT KNÖDLER