piwik no script img

Archiv-Artikel

Auch Bundeswehrsoldaten stehen im Stau

Desinfektionsmaßnahmen am Rügendamm behindern nicht nur den Verkehr, sondern auch die Soldaten, die tote Vögel einsammeln sollen

BERGEN taz ■ Seitdem am Sonntagabend die Landrätin von Rügen den Katastrophenfall ausgerufen hat, braucht man viel Geduld, um auf die Ostseeinsel zu kommen. Mehrere Stunden standen gestern Pkw- und Lkw-Fahrer im Stau, um den Rügendamm zu überqueren. Der Grund: die Kontrollstellen, die eingerichtet wurden, um die Ausbreitung des Vogelgrippevirus zu verhindern. Bundeswehrsoldaten in Tarnuniformen und mit Masken vorm Gesicht und Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks haben Seucheninfektionsmatten ausgelegt, grüne Matten, über die die Pkws im Schritttempo fahren. Die Reifen der Lkws werden zusätzlich mit Desinfektionsmitteln besprüht.

Geduldig sitzen die Menschen in ihren Autos, es gibt keine Drängelei beim Einfädeln kurz vor dem Rügendamm. Nur im Radio ist hin und wieder Unmut zu hören. „Was soll das ganze Desinfizieren“, schimpft eine Frau, „wenn über uns die Vögel fliegen und scheißen?“ Ist die Desinfektionskontrolle passiert, läuft der Verkehr wieder. Zumindest in Richtung Rügen. Die Autoschlange von der Insel aufs Festland ist viel länger. Fast sieht es so aus, als würden die Rügener ihre Insel in Scharen verlassen. Das ist aber nicht der Fall.

Nach Angaben des Pressesprechers der Bundeswehr Mecklenburg-Vorpommern, Michael Büsching, waren gestern 59 Soldaten der ABC-Abwehr vor Ort, die sich auf die Desinfektion konzentrieren. Im Laufe des Nachmittags sollten weitere 250 Soldaten eintreffen. Die Hoffnung der Bundeswehr, die zusätzlichen Einsatzkräfte schnell auf die Insel bringen zu können, hat sich jedoch nicht erfüllt. Am späten Nachmittag stand auch die Bundeswehr auf dem Rügendamm im Stau.

Die Einsatzgebiete der Soldaten liegen in eigens errichteten Schutzzonen, die weder befahren noch betreten werden dürfen. Eine dieser Schutzzonen ist in Mukran, dem Fährhafen von Sassnitz, von wo aus die Fähren ins Baltikum auslaufen. Die andere Schutzzone ist an der Wittower Fähre, dem Ort am nördlichen Zipfel der Insel, wo man Anfang Februar die toten Schwäne fand, bei denen das Virus H5N1 diagnostiziert wurde.

Wenige hundert Meter vor der im Winter geschlossenen Fähre steht ein Durchfahrtverbotsschild, dahinter liegt eine grüne Infektionsmatte auf der Straße, rot-weiße Absperrbänder sollen Passanten aufhalten. An der Wittower Fähre werden die Fahrzeuge, die tote Vögel einsammeln, desinfiziert, ebenso die Boote, die zum Einsammeln toter Vögel ausfahren. Nach Angaben des Bundeswehrsprechers werden die toten Tiere derzeit in Containern an der Wittower Fähre gelagert. Was weiter mit ihnen passiert, weiß er nicht. „Das ist nicht Sache der Bundeswehr.“

BARBARA BOLLWAHN