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Archiv-Artikel

Garantiert kein Fußball

An der WM verdienen ohne WM: Brandenburg lockt Touristen mit nationalmannschaftsbefreiten Zonen

Ob das Reiseanbieter aufschreckt, die sich seit langem auf das USA- und Indiengeschäft in der Sommersaison 2006 freuten? Bisher durften sie auf einen Flüchtlingstreck aus dem Reiseweltmeisterland hoffen: auf betuchte deutsche Feriengäste, die davon träumen, der „wohl größten Fußball-Party aller Zeiten“ (WM-Werbung) direkt vor dem heimischen Balkon zu entkommen. Jetzt bringt sich auch die Reisebranche im WM-Gastgeberland in Stellung und macht den für ihre geringe Fußballleidenschaft geschätzten Ländern Konkurrenz.

Die Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH hat sich die Internetadresse www.fussballfreie-zone.de gesichert. Von April an werden dort spezielle Angebote präsentiert, die potenziellen WM-Flüchtlingen Lust auf einen Trip in die „fußballfreie Zone“ machen sollen – sprich: ins „Reiseland Brandenburg“.

Brandenburg kann auf eine recht zonenreiche Geschichte zurückblicken – allerdings waren diese Zonen dem Tourismus zwischen Havel und Oder nie zuträglich: nicht die Sowjetische Besatzungszone, erst recht nicht die „National befreiten Zonen“ und deren lokale Verfechter.

Vom PR-Konzept „Fußballfreie Zone“ aber verspricht sich die brandenburgische Tourismusbranche einiges. Zwar steigt die Nationalmannschaft der Ukraine in Potsdam ab, aber anderswo lässt der Ansturm auf sich warten. So hoffen unter anderem einige Beherbergungsbetriebe aus der Prignitz, ihre Lage im Abseits als „Standortvorteil“ vermarkten zu können. „Wir möchten gar keine Schlachtenbummler in unserem Haus“, verkündet beispielsweise Diana Glass vom Rühstädter Schlosshotel, ansonsten auch für seine Heilfastenwochen bekannt.

Und längst nicht nur Brandenburger Unternehmer versuchen es mit dem Anti-WM-Konzept. Auch das Freizeitbad Olpe bewirbt sich bereits als „fußballfreie Zone“: Wer ab dem 9. Juni während der 1. Halbzeit baden geht, zahlt nur die Hälfte des Eintrittspreises und wird garantiert keiner Fußballübertragung ausgesetzt. Selbst die „Gastgeberstadt der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 “ Nürnberg versucht, neben dem WM-Großgeschäft auch noch mit kleinen „fußballfreien Zonen“ zu punkten. Eine davon wird die Landesausstellung „200 Jahre Franken in Bayern“ sein. In der Tat schwer vorstellbar, dass sich Hooligans just dort zusammenrotten. Wer aber kann dem deutschen Frühbucher garantieren, dass sich das Fußballfieber im Sommer tatsächlich weniger aggressiv verbreitet als die Vogelgrippe?ASTRID GEISLER