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Archiv-Artikel

Krise auf Philippinen

Nach angeblichem Putschversuch erklärt Präsidentin Arroyo den Notstand. Oppositionelle verhaftet

BANGKOK taz ■ Nach einem angeblichen Umsturzversuch in den Philippinen durch Teile des Militärs hat Präsidentin Arroyo gestern den Notstand verhängt. Es habe eine „klare und augenblickliche Gefahr“ für das Land gegeben, rechtfertigte sich die Regierungschefin in einer Fernsehansprache. „Linke Rebellen“ und „rechte Gruppen“ hätten geplant, sich gegen die Verfassung zu stellen. Der Stabschef der Präsidentin, Michael Defensor, erklärte, der Ausnahmezustand bleibe solange wie nötig in Kraft.

Kurz zuvor hatte die Armee bekannt gegeben, dass sie mehrere ranghohe Kommandeure aus Militär- und Polizeikreisen festgenommen habe. Trotz des Demonstrationsverbots protestierten gestern mehrere tausend Menschen gegen die unpopuläre Präsidentin und warfen ihr Korruption und Wahlmanipulation vor. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor. Nach Oppositionsangaben wurden mehr als 20 Aktivisten verhaftet, darunter auch Ronald Llamas und Randy David, zwei prominente Führer der Linkspartei „Akbayan“.

Dass die gärende politische Krise in den Philippinen ausgerechnet jetzt wieder ausbricht, dürfte kein Zufall sein: Zum Gedenken an den Sturz des einstigen Diktators Ferdinand Marcos durch einen Volksaufstand vor genau 20 Jahren hatte die Opposition mehrere öffentliche Veranstaltungen angekündigt. Indes kritisierten politische Beobachter massiv die Verhängung des Notstands, der Festnahmen ohne Haftbefehl und die Inhaftierung mutmaßlicher Verdächtiger ohne formelle Anklage erlaubt. Die Entscheidung Arroyos sei verfassungswidrig, so der Kongressabgeordnete Rezza Hontiveros-Baraquel. Der angesehene Politologieprofessor Benito Lim monierte, die Anordnung Arroyos erinnere an die Verhängung des Kriegsrechts durch Exdiktator Marcos 1972.

Bereits am Mittwoch hatte die Armeeführung erklärt, sie habe einen Putschversuch gegen Arroyo vereitelt. Im Sommer vergangenen Jahres hatte das Militär noch Gerüchte dementiert, nach denen Exoffiziere einen Aufstand planten. Sicherheitsanalysten hatten längst eine Spaltung innerhalb der Streitkräfte ausgemacht: Während altgediente Vertreter innerhalb der Armee den bisherigen Status quo beibehalten wollten, hätten jüngere Offiziere über schlechte Ausstattung geklagt und auf einen politischen Wechsel gedrängt. Pikanterweise soll damals gerade dieser Zwiespalt das Militär davon abgehalten haben, öffentlich zu meutern.

Ins Kreuzfeuer der Kritik war die philippinische Präsidentin Ende Juni 2005 geraten, als sie zugegeben hatte, kurz nach Schließung der Wahllokale im Mai 2004 mit einem ranghohen Mitglied der Wahlkommission telefoniert zu haben. Auf einem bereits zuvor veröffentlichten Mitschnitt war eine Arroyo-ähnliche Frauenstimme zu hören gewesen, die den Wahlkommissar gefragt hatte, ob ihr Vorsprung bei den Wählerstimmen unter eine Million fallen könnte. Die Gegner Arroyos hatten das als einen Versuch der Präsidentin gewertet, das Wahlergebnis zu manipulieren. NICOLA GLASS