Ein ganz besonderer Saft

Grob unterscheiden lassen sich Schlangengifte in Neurotoxine, also solche, die aufs Nervensystem wirken, und in Hämotoxine, die Blutkörperchen, Gefäße und Gewebe angreifen. Sie sind gelbtönig bis dunkelorange gefärbt und klebrig, sie verursachen heftige Hautreaktionen an der Bissstelle, die als extrem schmerzhaft gelten. Es folgen: innere Blutungen, Erbrechen, starker Durchfall. Neurotoxine sind deutlich flüssiger und klar bis gelblich eingetrübt. Sie lähmen Teile des Gehirns, bei ausreichender Dosis erstickt das Opfer, weil die Lungen aufhören zu arbeiten. Medizinisch genutzt werden diese Gifte derzeit nur in homöopathischer Dosis. Naturmediziner verwenden sie bei chronischen Erkrankungen wie Asthma oder Rheuma und zur Schlaganfalltherapie.

Der Nordmark-Konzern will Ende 2007 im schleswig-holsteinischen Uetersen ein Terrarium mit 1.500 malaysische Grubenottern besetzt haben. Diese gehören zur Gattung der Vipern. Der Name geht auf die Physiognomie dieser Schlange zurück: Unter den Nasenlöchern trägt sie markante Gruben, in denen sich Wärmerezeptoren befinden. Ihre Giftzähne werden gut drei Zentimeter lang. Das abgezapfte Toxin ist Hauptwirkstoff des Medikaments „Viprinex“, das bislang nur in den USA getestet wird. Es soll, nach einem Schlaganfall, die Gehirndurchblutung verbessern. Bis Mitte der 1990er-Jahre war es in den Staaten zugelassen. Die Genehmigung wurde jedoch nach klinischen Studien wieder zurückgenommen: Bei Patienten waren vermehrt Blutungen aufgetreten. Nordmark-Projektleiter Manfred Kurfürst ist jedoch zuversichtlich: „Die bisherigen Studien haben ergeben, dass Viprinex im Vergleich zu anderen Medikamenten, die nach Schlaganfällen eingesetzt werden, schwache Nebenwirkungen hat.“ Für eine bahnbrechende Erfindung hält ein Sprecher des Pharmakologie-Instituts der Uni Braunschweig das Produkt dennoch nicht: „Richtig interessant wäre das Präparat, wenn es vorbeugend wirken würde.“ ewb