: Nazifreier Wohlfühl-Zoo für Touris
VON SUSANNE MEMARNIA
Auf den ersten Blick ist die Sache eindeutig: Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verbietet im bald beginnenden Wahlkampf die Wahlwerbung rund ums Jüdische Museum, damit dort keine NPD-Hetze mehr aufgehängt werden kann. Mitte verbietet selbiges rund um den Pariser Platz und im Umfeld des Holocaustmahnmals. Gut so, lautet wohl bei vielen der spontane Reflex. Wer liest schon gern Sprüche wie „Gas geben“, mit denen die Partei bei der letzten Abgeordnetenhauswahl ganz unverhohlen warb. Auf den zweiten Blick allerdings muss man sich fragen: Was bezwecken die Bezirke mit dem Verbot?
Vor der Synagoge
Offensichtlich nicht, jüdische Orte allgemein vor den Zumutungen rechter Ideologie zu schützen – rund um Synagogen, das jüdische Krankenhaus, die jüdische Gemeinde darf weiter plakatiert werden. Die Vermutung ist daher naheliegend, dass es vornehmlich darum geht, Touristen nicht zu vergrätzen. Schließlich werden nun vor allem touristische Orte werbefrei.
Man kann es sogar verstehen: Wie erklärt man irritierten Berlinbesuchern, dass etwa rund ums Holocaustmahnmal Nazi-Sprüche plakatiert werden dürfen? Dass es ausgerechnet im Land der Täter nicht wenige Menschen gibt, die den Nationalsozialismus für eine gute Sache halten?
Aber gerade deshalb sollten die Plakate auch überall hängen. Sie sollen uns und jeden, der hierherkommt, daran erinnern, was los ist. Nazisprüche-freie Zonen machen aus Berlin einen Wohlfühlzoo, den es nicht gibt. Hier in Berlin gehören die Nazis derzeit ins Stadtbild – leider.