Zeitungen in Flammen

Mit einer zweifelhaften Razzia in zwei Redaktionen greifen Kenias Politiker die Pressefreiheit an

NAIROBI taz ■ Die Auflage einer Zeitung wird verbrannt und ein Fernsehsender abgeschaltet. Was in anderen afrikanischen Ländern, zum Beispiel Simbabwe, trauriger Alltag ist, entsetzt die Bevölkerung in Kenia. „Was ist los mit unserer Regierung? So etwas haben wir in Kenia noch nie erlebt“, sagt Jonathan Mati an einer Straßenecke der Hauptstadt Nairobi. Er wollte seine Zeitung The Standard kaufen, aber die gab es am Donnerstag nicht.

In der Nacht zuvor hatten schwer bewaffnete und teilweise maskierte Polizisten das Gebäude gestürmt, in dem die unabhängige Tageszeitung und der Fernsehsender Kenya Television Network (KTN) ihre Büros haben. Zeitungen wurden beschlagnahmt und später verbrannt, der Sendebetrieb des Fernsehkanals, der zum selben Konzern gehört, wurde unterbrochen. „Es waren Polizisten einer speziellen Einheit, bewaffnet mit AK 47. Wir mussten uns auf den Boden liegen. Sie hatten keine Haftbefehle, aber nahmen einige Journalisten für ein paar Stunden mit ins Polizeibüro. Die Polizei gibt keine Erklärung für den Einsatz“, sagt Farida Karoney, Chefredakteurin der KTN-Nachrichten.

Wenige Tage vor dem Polizeieinsatz hatte The Standard einen Artikel über politische Intrigen in der zersplitterten Regierung von Präsident Mwai Kibaki veröffentlicht. In dem umstrittenen Artikel schrieben die Autoren, dass der Präsident sich heimlich mit Kalonzo Musyoka getroffen habe – einem vermeintlichen Dissidenten, den Kibaki voriges Jahr gefeuert hatte und der nächstes Jahr für die Präsidentschaftswahlen kandidieren will. Kurz nach Erscheinen des Artikels wurden die drei Autoren verhaftet. Die größte Zeitung Kenias, The Daily Nation, spricht von einem „abscheulichen Angriff“: Selbst unter dem autokratischen Expräsidenten Moi habe es eine größere Pressefreiheit gegeben. Mittlerweile sind die Journalisten wieder frei, die Ermittlungen gegen sie eingestellt.

Die Regierung Kibaki steht in letzter Zeit unter großem Druck. 2002 wurde die Narc-Koalition gewählt. Sie hat sich dem Kampf gegen die weit verbreitete Korruption in Kenia verschrieben. Doch in den letzten Monaten haben ehemalige Beamte etliche Bestechungsfälle in der aktuellen Regierung aufgedeckt – und zwar bis in höchste Regierungsebenen. Die Minister für Energie und Finanzen mussten ihren Hut nehmen. Die Bevölkerung aber fordert weitere Entlassungen – bisher sind längst nicht alle belasteten Minister abgetreten.

„Diese Regierung hat jede Richtung verloren“, meint Raila Odinga, der letztes Jahr von der Regierung in die Opposition wechselte, nachdem ihn Kibaki als Minister entließ. „Es ist eine Regierung, die zu drastischen Mitteln greift, um die Bevökerung einzuschüchtern.“

ILONA EVELEENS