Ein Turnier der multikulturellen Begegnung

SPORT Die Fußballerinnen von Dersimspor laden im Sommer zu einem Turnier mit spannenden Begegnungen: etwa mit Afghanistan, wo frau erst seit drei Jahren den Ball kickt. Fehlt nur noch ein Sponsor

Die Fußballerinnen des Kreuzberger Verbandsligisten BSV AL Dersimspor haben Großes vor: Zwischen dem 6. und 13. Juli wird am Anhalter Bahnhof ein internationales Frauenfußballturnier mit Festivalcharakter stattfinden. Und das soll nur der Anfang sein für ein bedeutsames Jahr im Frauenfußball: Im Sommer 2011 findet die Weltmeisterschaft in Deutschland statt. Wer so hoch ansetzt, kann mit etwas Glück bedeutsame Partner gewinnen: Hinter dem Projekt stehen Bundesinnenministerium, Bundesaußenministerium, Deutscher Fußball-Bund (DFB) – und der Bundespräsident.

Seit Mittwoch haben die Planungen konkrete Gestalt angenommen. Am Regierungssitz des Deutschen Fußballs in Frankfurt wurde bekannt gegeben, welche sieben der 42 Bewerberteams nach Deutschland eingeladen werden. Gesetzt waren nur die Gastgeberinnen, der BSV AL Dersimspor. Eine Jury, in der neben Vertretern aus Kultur, Sport- und Menschenrechtspolitik auch der Hausherr, DFB-Präsident Theo Zwanziger, saß, hat entschieden: Fußballerinnen aus Liberia, Sambia, Ecuador, Afghanistan, Israel, Iran und Österreich werden im Sommer nach Berlin reisen. Die afghanische Frauennationalmannschaft wurde erst 2007 gegründet und muss in ihrem Land unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainieren.

Neben der Ruine am Anhalter Bahnhof wird im Juli ein großes Festzelt aufgebaut werden. Ein turnierbegleitendes Musik- und Filmprogramm ist geplant. Angedacht sind auch Themenabende, beispielsweise zur Türkei, Iran und starken Frauen.

Den Rahmen für die Auswahl der Turnierteilnehmerinnen hatten die Dersimspor-Frauen in der Ausschreibung abgesteckt. Silke Gülker, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, erklärt: „Wir wollten keine professionellen Teams, sondern solche, die Unterstützungsbedarf haben.“ Es gehe auch darum, alte Rollenbilder aufzubrechen. Zudem sei die Veranstaltung an diejenigen gerichtet, die sich für den Fußball als Ort der interkulturellen Begegnung engagieren. Bei AL-Dersimspor selbst sind Spielerinnen aus neun Nationen aktiv.

Über die Goethe-Institute im Ausland, Nichtregierungsorganisationen und private Netzwerke streuten die Organisatorinnen die Informationen vom geplanten Turnier. Schnell trudelten neben ausgefeilten Bewerbungen, wie die eines israelisch-palästinensischen Teams, das vom „Peres Center for Peace“ unterstützt wurde, auch von Not gekennzeichnete Schreiben ein. Ecuadorianische Ureinwohnerinnen vom Indianerstamm der Quechua etwa entschuldigten sich für fehlendes Bildmaterial, weil ihnen kein Foto zur Verfügung stand. Beide Mannschaften sind nun in Berlin dabei.

„Discover Football“ haben die Dersimspor-Aktivistinnen ihr Projekt getauft. In Anlehnung an ihr letztes Unternehmen „Football under Cover“, mit dem die Kreuzbergerinnen im April 2006 für großes Aufsehen sorgten. Das Team reiste damals nach Teheran, wo man sich mit der iranischen Nationalmannschaft zu einem Freundschaftsspiel verabredet hatte. Es war das erste öffentliche Frauenfußballspiel seit der iranischen Revolution 1979, das die Dersimspor-Frauen in einem viel beachteten Dokumentationsfilm festhielten. „Dieses tolle Erlebnis ist eine Motivation gewesen, sich weiter zu engagieren“, berichtet Gülker. Nachdem das geplante Rückspiel in Berlin ausgefallen war, weil der Iran die Frauen nicht nach Berlin ausreisen ließ, wollte man etwas machen, was auch zustande kommt.

Neben der personellen, strukturellen und größtenteils ideellen Unterstützung vom DFB, Bundesaußen- und Bundesinnenministerium fehlt es den Dersimspor-Frauen noch an einem Sponsor aus der Wirtschaft. Zur Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2011 soll das Turnier dann erneut ausgetragen werden. Gülker kündigt an: „Dann wollen wir das Ganze doppelt so groß machen.“ JOHANNES KOPP