: Kein Abbau in Göttingen
betr.: „Parteienforschung wird halbiert“, taz vom 2. 3. 06
Bei aller Sympathie für die taz und für die Göttinger Parteienforschung: Der taz-Artikel verwischt alle Klarheit, die der Senatsbeschluss in den Auseinandersetzungen um die Göttinger sozialwissenschaftliche Fakultät schafft: Wenn, wie im Göttinger Fall, Professuren aufgrund der Emeritierung ihrer bisherigen Inhaber frei werden, sollte es an einer Universität ein ganz normaler Vorgang sein, die Kriterien für ihre künftige Besetzung neu zu bestimmen. An der Göttinger Fakultät betrifft dies in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von Professuren in den Fächern Politik, Pädagogik und Sport. In einem überregional Aufsehen erregenden Vorstoß hatte der Universitätspräsident im Herbst die Fortschreibung dieser Professuren und damit auch die Fortexistenz der drei Fächer in Frage gestellt. Vorgesehen war darin, unter anderem die Politikwissenschaften in Göttingen auf zwei Stellen zurückzufahren und auf die Lehrerausbildung zu reduzieren.
Eine Rettung der Politikwissenschaften als eigenständiges Fach und in ihrer bisherigen Größe konnte somit nur im Rahmen eines neuen, inhaltlich begründeten Fakultätsentwicklungskonzepts geschehen. Dieser Diskussion hat sich die sozialwissenschaftliche Fakultät (als dafür zuständige Instanz) in den vergangenen Monaten gestellt und versucht, eine neue Perspektive auch für die Göttinger Politikwissenschaften zu entwickeln.
Der zitierte Senatsbeschluss bedeutet nun nicht weniger als die Verabschiedung des Fakultätsvorschlags und die Ablehnung des schlagzeilenträchtigen Vorstoßes des Universitätspräsidenten. Laut Senatsbeschluss werden dabei zwar zwei der vier bestehenden Politikprofessuren umgewidmet, sie verbleiben aber innerhalb des politikwissenschaftlichen Seminars. Dass die geführte Konzeptdebatte fakultätsintern kontrovers und nicht konfliktfrei verlief, liegt auf der Hand und muss hier nicht weiter interessieren. Die Tatsache, dass die beiden Professuren nun auf vergleichende politische Ökonomie und auf Entwicklungspolitik ausgerichtet werden und dabei die Kooperation zwischen Politik und Soziologie bzw. Ethnologie stärken sollen, als Halbierung der Politikwissenschaften zu interpretieren, zeugt allerdings von einem eigenartigen (Selbst-)Verständnis des Fachs. KLAUS-PETER BUSS, Göttingen