MÜNTEFERINGS „INITIATIVE 50 PLUS“ BRINGT ÄLTEREN ARBEITSLOSEN NICHTS : Kombilohn für Unternehmer
Wahlkampf in drei Bundesländern: Da muss Arbeitsminister Franz Müntefering dringend zeigen, dass er fünf Millionen Arbeitslose nicht einfach hinnimmt. Also rief er eine „Initiative 50 plus“ aus, die ältere Arbeitslose in neue Jobs befördern soll. „Initiative“ klingt immer gut, verspricht das Wort doch Aktion und Aufbruch. Tatsächlich jedoch hat Müntefering nichts Neues zu verkünden.
Lohnkostenzuschüsse, Kombilöhne – das gab es schon alles. Jobs wurden aber nicht geschaffen, sondern nur die falschen Zielgruppen bedient. Nicht die Arbeitslosen profitierten, sondern die Unternehmer. Die Wissenschaft hat dieses Phänomen längst beschrieben: Entweder hätten die Firmen sowieso neue Leute eingestellt, dann ist der Lohnkostenzuschuss überflüssig („Mitnahme-Effekt“). Oder aber Beschäftigte werden entlassen, um andere einzustellen, die eine staatliche Förderung erhalten („Drehtür-Effekt“). Vor fünf Tagen erst hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erneut vor flächendeckenden Kombilöhnen gewarnt. Pikant: Müntefering ist für dieses Institut indirekt zuständig, gehört es doch zur Bundesagentur für Arbeit.
Das IAB hat auch Vorschläge für den Arbeitsminister: Statt neuer Kombilöhne fordert das Institut, die Lohnnebenkosten progressiv zu staffeln. Tatsächlich geht es seltsam zu in Deutschland: Die Einkommensteuern erhöhen sich verdienstabhängig auf maximal 42 Prozent für Spitzenverdiener. Die Sozialleistungen hingegen betragen im Durchschnitt gleich 42 Prozent, sobald der Bruttolohn 800 Euro übersteigt. Absurder Effekt: Einfache Tätigkeiten werden für die Arbeitgeber besonders teuer und damit unattraktiv.
Das IAB hat Recht: Konsequent wäre, die Lohnnebenkosten bei den niedrigen Einkommen zu senken. Es ist absurd, dass die Soziallasten für eine Verkäuferin prozentual höher sind als für Millionäre. Doch ist mit einer so radikalen Reform nicht zu rechnen, die Widerstände provozieren würde. Da ist es doch viel bequemer, vom Kombilohn zu reden. Der bringt zwar nichts, stört aber auch nicht im Wahlkampf. ULRIKE HERRMANN