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Archiv-Artikel

SOUNDTRACK

„Vielleicht ist was im Wasser drin“, sagt man über Städte, aus denen regelmäßig sehr ähnliche, sehr hörbare Bands kommen. Das gute Wasser von Winnipeg wird es aber wohl eher nicht gewesen sein, das Jo Snyder dazu bewogen hat, nach Mitgliedschaften in Gruppen wie „Sixty Stories“ und „Anthem Red“ nun wieder mit einem weiteren Projekt, nämlich ganz alleine, nach Europa zu kommen. Die Genannten sind letztlich nie über den Status von Geheim-Stars herausgekommen. Sie stehen aber für jene Art von Indie-Rock, für den etwa die – ebenfalls aus dem „dirty hole“ (Snyder) stammenden – „Weakerthans“ weithin Bekanntheit erlangt haben, sind also gradlinig, poppig und, ja, bodenständig, wenn damit die Erdung in den Mentalitätsbeständen von Punk und Hardcore gemeint ist. Dies alles findet in den Liedern von Jo Snyder eine reduzierte und intime Fortsetzung. Musikalisch lässt einen das allerdings weniger an Punk als zum Beispiel an Mary Lou Lord denken. Es herrscht also die Akkustikgitarre, es wimmert die Orgel herum, es klackert der Drumcomputer und nicht zuletzt: man kann sich über eine schöne, immer nur etwas ins Melancholische neigende, Stimme freuen. Sa, 20. 3., 20 Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2 Der Name ist gut gewählt, denn die Band klingt wie ihr Name: nach Pterodactyl, nach großen Entwürfen und waghalsigen Experimenten also. Kern des Experiments ist ja, dass mit Bekanntem unbekannte Situationen erzeugt werden, Kern der New Yorker Band ist es dann sozusagen, irgendwo im Spannungsfeld zwischen der überbordenden Theatralik der „Flaming Lips“ und den Mikroversponnenheiten von „Animal Collective“ und Co ein Bindeglied zu suchen. Niedlich wird es also, aber nur selten, häufiger finden sich dick collagierte Musikbrocken mit unendlichen, vor allem unendlich beweglich scheinenden Soundwänden und einer ganzen Armee an Gesangsstimmen. Ein postmoderner Ritt durch die Plattensammlung der Eltern, aber: Wie machen die das live? Mo, 22. 3., 21.30 Uhr, Astrastube, Max-Brauer-Allee 200 Kratzige Gitarren, ein in den hintersten Hintergrund gemischtes Schlagzeug, chorale Stimmen, die wohl durch ein Kindermikrofon eingesungen wurden, insgesamt also gnadenlos schlechte, übersteuerte Aufnahmen vorzüglicher Popsongs, die sich vorzugsweise im Mittelbereich aufhalten, also komplett undynamisch sind. Das ist das, was „die Leute“ wollen. Nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil sie gemeinsam mit der Musikpresse wissen, dass Bands wie Times New Viking, nicht etwa so einen Sound haben, weil sie es sich nicht leisten können, ins Studio zu gehen, wie es früher hieß, oder den Laptop hochzufahren, wie man es heute macht. Sie klingen so, weil sie das so wollen und weil die Leute sich in Zeiten überall verfügbarer Hochleistungstechnik wenigstens die Illusion erhalten möchten, dass es zur Welt der Hochglanzmusik noch einen Gegenentwurf von ganz weit draußen gibt. Gibt es zwar nicht, aber die Illusion ist das, was sozusagen auch mal sein muss. Mi, 24. 3., 20 Uhr, Prinzenbar, Kastanienallee 20 NILS SCHUHMACHER