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Archiv-Artikel

Die Nacht des Zeichners

Deutsche Wohlfühl-Linke trifft französischen Comic-Star, doch „très jolie“ ist dabei wenig:„Durch die Nacht mit … Judith Holofernes und Lewis Trondheim“ (Arte, 0.40 Uhr)

VON SUSANNE LANG

Solch ein Geschenk bekommt ein Kamerateam nur selten. Lewis Trondheim, einer der besten französischen Comiczeichner („Herrn Hases haarsträubende Abenteuer“), spendiert es gleich zu Beginn dieses Abends, den er mit Judith Holofernes, Sängerin der wohlfühllinken Band „Wir sind Helden“, in Montpellier verbringen wird. Er begrüßt sie mit einer Zeichnung: ein blondes Mädchen mit Gitarre und Hühnerkopf steht mit einem Bein lässig auf dem Bauch eines Mannes, dessen Hühnerkopf abgeschlagen daneben liegt.

Et voilà, das Spiel ist eröffnet. Sein Spiel, das nicht mehr besagt als: Liebes Mädchen, streng dich an, dann wirst du mich ganz sicher kriegen. Streng dich an, schließlich hast du, als „großer Fan“, dir mich ausgesucht. Seine Linie des Abends: etwas unsicher, immer lakonisch, sehr oft selbstironisch, und ganz sicher subversiv, was das Format „Durch die Nacht mit …“ betrifft, dessen Konzept zu Recht für den Grimme-Preis nominiert ist.

Denn selten vermag eine Gesprächssendung im Fernsehen ihre Protagonisten so schonungslos den Zuschauern nahe zu bringen. Gerade wenn sie das Format sprengen. Manchmal, in Glücksfällen, geschieht dies mit jenem subversiven Geschick eines Lewis Trondheim. Und Judith Holofernes? Sieht die Zeichnung und bedankt sich artig und kichert ein „très jolie“. Dass sie dargestellt ist, muss sie erst erfragen, um entsetzt klarzustellen: So etwas würde ich nie tun! Klar, wer diesen Abend für sich entscheiden wird. Das Mäuschen-Mädchen auf jeden Fall wird sich am Ende mit einem Handyanruf bei Freund und Bandkollege Pola retten lassen – zu einem Zeitpunkt, an dem Trondheim sich mit der Situation so richtig angefreundet hat, eine große Portion Stopfleber mit Wein im Magen, einen clownesken Auftritt auf einem Zirkusschulentrampolin hinter sich und einen Holofernes’schen kunstphilosophischen Diskurs abgewehrt. „Wie kann man das nur aushalten, ständig das Gleiche zu singen?“ Sein Top-Deutschpop-Lied, wie er immerhin versöhnlich verrät: „Da, da, da“.