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Archiv-Artikel

Ein Herz für Frauen

Am „Internationalen Frauentag“ blieben sich gestern die Frauenfeinde der „Bild“ treu – dank „weiblicher Regie“

Von FRA

Gestern war Bild eine Frau. Damit die anderen Frauen das auch gleich merken, prangte ein hübsch schnörkeliges „Die“ vor dem Bild-Schriftzug, als wär’s eine Schnulze von Rosamunde Pilcher. Tatsächlich dürften diesmal die Frauen bei Bild die Bild machen, und die fragten sich in einem lila unterlegten Editorial auf Seite 1 erst einmal selbst: „Warum?“ Warum nicht? Ach so: „Heute ist der 95. Weltfrauentag!“ Chefredakteurin Marion Horn entschuldigte sich denn auch prompt für die Anmaßung einer Bild aus Frauenhand: „Die Seite 1 einmal ohne blanken Busen (Sorry, Männer!)“.

Leider versäumten es die Macherinnen, sich bei den armen Männern auch für die fehlenden Telefonsex-Anzeigen zu entschuldigen, mit denen das Blatt normalerweise gepflastert ist. Die zahllosen zahlenden Anbieter von 0190-Nummern wurden vom Bild-Auftragsdienst noch einmal schriftlich über die Stornierung informiert: „Wie bereits telefonisch besprochen entfällt am 8. 3. 06 auf Grund des Weltfrauentages die Rubrik Telefonservices in der Bild.“ Schade.

Aber auch ohne „Oma-Sex“ mit einem „tabulosen Luder“ war die gestrige Ausgabe ein guter Beleg dafür, dass es keine richtige Zeitung in der falschen geben kann. Eine so zuverlässige Affirmationsmaschine wie Bild bewahrt bestehende Verhältnisse auch dann, wenn sie einmal scherzhaft umgekehrt werden. Ein männliches Pin-Up auf Seite 1, ein Titel wie „Fußball-Frauen helfen Klinsi“ oder auch frauenspezifischer Service à la „Reichster Single des Orients in Berlin“ spiegeln den männlichen Blick, ohne ihn zu brechen. Gut gemeinte Veranstaltungen wie der „Internationale Frauentag“ sind dann obsolet, wenn sich eines Tages die Mentalitäten geändert haben werden – „die“ Bild tat gestern alles dafür, dass das nicht passiert. Weil sie nur ein weiteres Mal bewiesen hat, dass auch Frauen zynisch, verlogen und sexistisch sein können, wenn’s drauf ankommt. Wenn nicht, dann tut’s auch Bild der Frau. Die „begleitet“, laut Eigenwerbung, „die ganz normale Frau in ihren verschiedenen Rollen als Ehefrau, Partnerin, Mutter, Hausfrau“. FRA