: Als die Bilder kaufen lernten
Die Ausstellungspolitik der Bremer Museen wird maßgeblich durch die Bremer Marketing Gesellschaft (BMG) mit bestimmt. Ein Interview über Frequenzbringer, Medienecho und die Casablanca-Situation
Als Regierungssprecher (1990 - 1999) musste Klaus Sondergeld Bremens Politik möglichst gut verkaufen, jetzt fungiert er als Geschäftsführer der Bremer Marketing Gesellschaft (BMG). Jens Joost-Krüger ist „Kulturwapst“, will heißen, zuständig für die jährlich rund eine Million Euro aus dem „Wirtschaftsstrukturpolitischen Aktions Programm“ (WAP), mit der die BMG Kultur fördert.
taz: Die BMG spielt mittlerweile eine zentrale Rolle in der Museumslandschaft. Von Ihren Bewilligungen hängt ab, wann welche Sonderausstellungen zu sehen sind, die wiederum das Profil der Häuser prägen. Ist das eine legitime Funktion für eine Marketing-Gesellschaft?
Klaus Sondergeld: Ich finde schon. Natürlich muss man immer ehrlich sagen, dass Kulturveranstaltungen für uns Mittel zum Zweck sind: Es geht darum, möglichst viele Menschen nach Bremen zu bringen.
Jens Joost-Krüger: Wenn Wirtschaft Geld gibt für Kultur, ist das auch ein Bedeutungsnachweis. Im Übrigen handelt es sich nicht um bestellte Ausstellungen. Wir reagieren auf Anträge.
Das Problem besteht darin, dass Ihre Förderungen keine flankierenden Maßnahmen sind. Sondern oftmals die einzige Möglichkeit, überhaupt Ausstellungen zu machen. Insofern haben Sie eine sehr stark steuernde Funktion.
Sondergeld: Die jeweiligen Ziele passen doch gut zusammen: „Monet“ war sowohl eine kunsthistorische Leistung als auch ein toller Frequenzbringer.
De facto bedeutet das trotzdem weitgehende Abhängigkeit von externen Faktoren.
Sondergeld: Was gefördert wird, entscheiden wir ja nicht alleine. Im Vergabe-Ausschuss ist das Kulturressort in Person der Staatsrätin prominent vertreten. Im Übrigen zeigt alle Erfahrung: Keine Kulturinstitution prostituiert sich, um an Wirtschaftsförderung heran zu kommen. Neben den Besuchern zählt ja auch das Medienecho. Darum haben wir auch das Cage-Projekt gefördert: Die Veranstaltung mit den wenigsten Besuchern – die 19-stündige Aufführung von Saties „Vexations“ – fand die größte Medien-Resonanz.
Joost-Krüger: Das WAP fordert kulturelle Qualität als Ausweis regionaler Attraktivität geradezu heraus – es nützt nämlich nichts, wenn Bremen in den Ruf gerät, nur Disneyland zu bieten.
Dabei greifen Sie weit in die Gestaltungsspielräume ein. Sie vereinbaren ja nicht nur Werbe-Budgets und Besucher-Zielzahlen, sondern auch Aufmachung und Umfang der Kataloge.
Sondergeld: Aber nur hinsichtlich der Kosten. Wir würden niemals sagen, welche Autoren was schreiben sollen.
Sie bestimmen aber die Termine. Das Marcks-Haus musste seine Bruno Gironcoli-Ausstellung kurzfristig abblasen, die jetzt eröffnen sollte.
Joost-Krüger: Wir mussten lange zögern, weil wir nicht wussten, wie viel Rücklauf es von „Monet“ gibt – unsere Mittel sind 2005 ja um 51 Prozent gekürzt worden. Aber man sagt nicht leichtfertig: Lasst es lieber.
Sondergeld: Im Schnitt wird pro Jahr siebenmal mehr Geld beantragt als wir haben. Da ist es manchmal sinnvoll, etwas durch Umverteilungen zu entzerren. Es wäre auch gut gewesen, wenn sich die Großausstellungen „Monet“ und „Die letzten Tage von Herculaneum“ nicht überschneiden würden, aber wir haben auch akzeptiert, dass das nicht möglich war.
Über die BMG werden nicht nur öffentliche Mittel verteilt, sondern auch privatwirtschaftliche. Für viele Institutionen schränkt das die Möglichkeit, speziell zu ihren Projekten passende Sponsoren zu finden, erheblich ein – weil das Engagement sehr vieler Firmen von der BMG kanalisiert wird.
Sondergeld: Gerade die Firmen, die BMG-Mitglied sind, engagieren sich meist darüber hinaus. Im Grunde haben wir eine „Casablanca“-Situation, da sagt der Major auch immer: „Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen!“
In der Szene spricht man eher vom „Nadelöhr BMG“ – dort muss man durch, wenn man Projekte stemmen will.
Sondergeld: Sonst wäre es ein anderes Nadelöhr.
Das Bach-Fest fällt aus der Förderung, die Breminale ist drin. Hat Bach demnach gegen Bands plus Bier keine Chance?
Joost-Krüger: Das wäre jetzt schön für die Schublade, aber die Breminale ist auch rausgefallen. Anders als das Bachfest fällt sie aber nicht aus. Sie konnte sich durch die Kooperation mit dem „Naturathlon“ retten.
Hamburg hat erst seit kurzem eine Marketing GmbH, die sich jetzt auch mit Kultur beschäftigt. Sehen Sie das Bremer Modell als vorbildlich?
Sondergeld: Nicht jede Sache, die funktioniert, muss man gleich als Bremer Modell hinstellen, an dem die Welt genesen soll. Ich weiß, dass die Hamburger Kulturschaffenden unsere Arbeit sehr positiv sehen, während uns hier Skepsis entgegenschlägt.
Manchmal konnte es einen angesichts der BMG-Werbung aber auch gruseln: „Bremen neu erleben mit John Cage, Lyonel Feininger und Arno Breker“ – dem Nazi-Bildhauer.
Sondergeld: Das war mit dem Museum so abgesprochen, das die Breker-Ausstellung gemacht hat. In einer Anzeige kann man auch keine wissenschaftlichen Aufsatz über Brekers Rolle im „Dritten Reich“ unterbringen.
Fragen: Henning Bleyl