AUFERSTEHUNG VON DEN TOTEN : Die Cleverles aus Berlin
MARKUS VÖLKER
Schade eigentlich, dass Hertha BSC nicht mehr Meister werden kann, haben sie doch gerade den amtierenden Meister in meisterlicher Manier weggeputzt. Hertha könnte bei einem kollektiven Schwächeanfall der Konkurrenz nur noch auf Platz sieben in der Tabelle vorstoßen. Rein theoretisch. Aber auch wenn’s mit dem grandiosen Endspurt nicht mehr klappen sollte: Die Hertha ist schon ein cleverer Klub. Sie wissen, wie man in die Schlagzeilen kommt.
Erst tragen sie die rote Laterne durch die Republik wie eine Monstranz. Jeder berichtet über das schaurig-schöne Schauspiel der Berliner. Sie sind am Ende, wird allerorten geschlagzeilt, die Laterne werden sie nie mehr los, sie leuchtet ihnen heim in Liga zwei. Doch dann schicken die Herthaner eine Horde wild gewordener Fans aufs Spielfeld, die freilich nur so tun, als wären sie gefährlich. Was passiert? Die Medienrepublik Deutschland berichtet über ein paar durchgeknallte Ultras, als wäre der Spielbetrieb in Gefahr. Und nun? Hertha setzt noch ein Spektakel drauf, umkurvt die Wolfsburger Profis wie Slalomstangen und gewinnt sensationell 5:1 auf des Gegners Platz. Ein „Küsschen“ hätten die Herthaner „an die Abendluft“ gegeben, schreibt eine Hauptstadtzeitung in lyrischer Aufwallung, „Hertha lebt noch“ die andere.
War die Hertha nach Meinung von 80 Millionen Fußballexperten in Deutschland am vergangenen Spieltag bereits abgestiegen, so feiert sie nun eine wundersame Auferstehung. Eine Momentaufnahme? Ach was, die Medienrepublik ist gespannt darauf, wie es mit der Hertha nun weitergeht. Haut sie am Samstag Borussia Dortmund mit 6:0 vom Platz? Wird Theofanis Gekas noch Torschützenkönig? Wird Michael Preetz Bundesligamanager des Jahres und Präsident Werner Gegenbauer Fußball-Entrepreneur der Saison? Der Countdown zur finalen Rettung des Hauptstadtclubs läuft jedenfalls.
Noch sieben Spieltage sind es. 21 Punkte sind zu gewinnen. Ein Klacks für die Hertha, die alles so clever eingefädelt hat. Es kann so schön sein, am Ende zu sein.