Psalm, Sure und persische Mystik swingen zusammen

INTERKULTURELL Die Sängerin Cymin Samawatie hat für die „Nächte des Ramadan“ gemeinsam mit ihrem Musikerkollegen Ketan Bhatti den „Diwan der Kontinente“ komponiert. Ein Weltorchester wird das Stück heute im Heimathafen Neukölln aufführen

Für Cymin Samawatie fing alles mit einem Dichter an. Als sie einen der meist verehrten iranischen Dichter der Moderne, Ahmad Schamlou, dabei zuhörte, wie er Gedichte des klassischen persischen Poeten Khayyam vorlas, war sie so fasziniert, dass die Lyrik die Sängerin nicht mehr losließ: „Es hat mich wirklich berührt. Aber ich habe mir gedacht, dass etwas komisch ist: Ich fühle mich berührt von der Sprache und verstehe fast kein Wort, obwohl ich Farsi spreche. Dann habe ich mich mit meiner Tante zusammengesetzt. Sie hat mir die Poesie Stück für Stück übersetzt.“

Cymin Samawatie beginnt die Lyrik auswendig zu lernen und nimmt die Texte mit in die Hochschule. Sie lässt sich von dem Fluss der Gedichte inspirieren und gibt ihnen Melodien. Cymin hat in Hannover schon Klassik mit Hauptfach Klavier und klassisches Schlagwerk studiert, als sie in Berlin das Studium des Jazzgesangs aufnimmt. Einer ihrer Lehrer an der damaligen Hochschule der Künste ist der kanadische Jazz-Schlagzeuger Jerry Granelli. Die junge Studentin bringt ihre persischen Gedichte mit in die Seminare und improvisiert damit. Eines Tages gibt ihr Granelli eine Hausaufgabe: „Ich habe einen persischen Oldie für Granelli gesungen, und er hat mir gesagt, ich solle den Song für eine Jazzband arrangieren.“

Ihre vierköpfige Band Cyminology hat sie schon im Februar 2002 gegründet. Jetzt wandelt sich Cyminology von einer englisch- zu einer persischsprachigen Jazzband. Seitdem nimmt die Nachfrage enorm zu: Es folgen Auftritte in Südkorea, Griechenland und Zypern. In Kooperation mit dem Goethe-Institut tourt Cyminology 2007 von Ägypten nach Jordanien.

Als Cymin Samawatie vor zwei Jahren zum ersten Mal von den OrganisatorInnen des Kulturfestes „Die Nächte des Ramadan“ in Berlin gefragt wurde, ob sie ein Konzert konzipieren möchte, stellte die Künstlerin ihre Idee „Klangwelten zwischen den Kulturen“ vor und traf auf begeisterte Zustimmung. In diesem Jahr hat sie gemeinsam mit ihrem Bandkollegen, dem Schlagzeuger, Komponisten und Produzenten Ketan Bhatti, den „Diwan der Kontinente“ komponiert und zusammengerufen. Mit der finanziellen Unterstützung des Berliner Senats hat sie 16 MusikerInnen engagieren können, darunter aus der Berliner Jazzszene und den Berliner Philharmonikern, die nun Teil des interkulturellen Weltorchesters sind.

„Eine meiner Visionen war es, drei Sprachen und unterschiedliche Instrumente gleichzeitig im Stil Bachs erklingen zu lassen: einen Psalm auf Hebräisch, eine Sure auf Arabisch und einen Text des persischen Mystikers Rumi. Bach gibt die Struktur vor.“ Das Konzert mündet in der Vertonung eines Goethe’schen Gedichts: Die Gebete finden ihren Höhepunkt in den Worten der Ikone der deutschen Dichtung. „Wir leben alle in Deutschland, und zum Schluss begegnen wir uns alle auf dem Feld, in dem wir leben“, erklärt Cymin Samawatie dieses Finale.

Ihre Klangwelten faszinieren; Mit der Musik ist es der Komponistin möglich, die Grenzen der Religionen zu überbrücken. Was bleibt, ist das Gefühl, mit dem Gesang in berauschenden, sich ergänzenden Melodien zu schweben. PANIZ MUSAWI

■ Heimathafen Neukölln, 20 Uhr