: Obama: Ägypten ist auf einem gefährlichen Weg
REAKTIONEN Das brutale Vorgehen von Polizei und Militär stößt in den USA, in Europa und der Türkei auf geharnischte Kritik
KAIRO afp/dpa/taz | Nach den blutigen Auseinandersetzungen mit Hunderten Toten sieht sich die Militärführung in Ägypten mit massiver Kritik aus aller Welt konfrontiert. Die Regierungen in Berlin, Paris, London und Rom bestellten die ägyptischen Botschafter ein, die Regierung in der Türkei forderte eine rasche Debatte des UN-Sicherheitsrats.
US-Präsident Barack Obama erklärte am Donnerstag, dass die USA „alle Maßnahmen der Übergangsregierung in Kairo scharf verurteilten“, die so viele Menschenleben gefordert haben. „Wir bedauern, dass der Notstand verhängt worden ist“, sagte er weiter. Ägypten sei „auf einem gefährlichen Weg“. Gewalt könne niemals Recht begründen. Die gemeinsamen Militärmanöver mit der ägyptischen Armee würden abgesagt und je nach Entwicklung der Lage weitere Schritte beschlossen.
Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, auf Veranlassung von Minister Guido Westerwelle (FDP) sei Botschafter Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy die Haltung der Bundesregierung „in aller Deutlichkeit“ dargelegt worden. Westerwelle hatte am Mittwoch ein sofortiges Ende der Gewalt und einen politischen Dialog gefordert. Der französische Präsident François Hollande erklärte, es müsse alles getan werden, „um einen Bürgerkrieg“ zu vermeiden. Er drang zudem auf baldige Neuwahlen in Ägypten.
Neuwahlen gefordert
Diese Forderung hatte US-Außenminister John Kerry bereits in der Nacht zum Donnerstag erhoben. Die Ereignisse seien „bedauerlich“ und liefen „Ägyptens Streben nach Frieden und echter Demokratie“ zuwider, sagte der US-Politiker.
Unterdessen rief die Regierung in China zu „äußerster Zurückhaltung“ auf. Russland beschränkte sich darauf, seine Staatsbürger in Ägypten zur Vorsicht zu ermahnen. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan verlangte am Donnerstag eine rasche Sitzung des UN-Sicherheitsrats. In Kairo habe sich „ein schlimmes Massaker am ägyptischen Volk, das friedlich protestiert hat“, ereignet, sagte er in Ankara. Zugleich kritisierte Erdogan ein „Schweigen“ der internationalen Gemeinschaft. Erdogan entstammt wie der am 3. Juli entmachtete ägyptische Expräsident Mursi dem islamistischen politischen Lager. In Mursis Amtszeit intensivierten sich die Beziehungen zwischen Kairo und Ankara.
Unterstützung erhielt Ägyptens Übergangsregierung am Donnerstag lediglich von den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Golfstaat Bahrain. Kairo ordnete am Donnerstag die Schließung des Grenzübergangs Rafah zum von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas kontrollierten Gazastreifen an. Nachdem am Mittwoch der Notstand und nächtliche Ausgangssperren in Teilen Ägyptens verhängt wurden, blieb es zunächst ruhig, später war von neuen Protesten am Donnerstag die Rede.
Am Mittag stürmten bereits islamistische Demonstranten den Dienstsitz des Gouverneurs der zum Großraum Kairo gehörenden Provinz Giseh und steckten diesen in Brand, wie das Fernsehen berichtete.