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Zumutung für die Flüchtlinge

Heim in Hellersdorf eröffnet

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Jetzt wird es ernst. Die ersten Asylbewerber haben die ehemalige Schule in Hellersdorf bezogen. Dort, wo vor Kurzem noch ein aufgeregter Mob gegen Überfremdung wetterte, sollen sie nun leben. Eine Zumutung, sind doch viele der Flüchtlinge gerade aus Angst vor Verfolgung nach Deutschland gekommen.

Die Argumente für den Bezug des Heims liegen auf der Hand: Wäre das Schulgebäude nach den Protesten von rechts doch nicht Asylbewerberheim geworden, hätten die Nazis gewonnen. Man würde ihnen einen Gestaltungsspielraum geben, der ihnen nicht zusteht.

Dumpfe Töne

Jenseits dieser politischen Entscheidung geht es zudem um ganz praktische Dinge: Die Stadt – und mit ihr der Bezirk – braucht dringend neue Plätze für die steigende Zahl der Flüchtlinge. Man kann nicht einfach so auf ein geeignetes Gebäude verzichten. Anderswo sind die Proteste zudem möglicherweise auch nicht leiser.

Doch wer noch die dumpfen rassistischen Töne der Anwohnerversammlung im Juli im Ohr hat, der weiß: Die Unterbringung birgt für die Flüchtlinge ein erhebliches Risiko. Ja, die Polizei hat zugesagt, vor Ort Präsenz zu zeigen. Eine Bewachung rund um die Uhr bedeutet das aber nicht, wie ein Sprecher bestätigt. Der Betreiber des Heims beschäftigt laut Landesamt für Gesundheit und Soziales zudem einen Sicherheitsdienst. Doch die Flüchtlinge werden natürlich nicht auf Schritt und Tritt bewacht.

Ihre Sicherheit? Kann ihnen angesichts der aufgeheizten Stimmung in Hellersdorf keiner garantieren. Bleibt zu hoffen, dass nichts passiert – und Hellersdorf nicht doch zum zweiten Lichtenhagen wird.

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