In Geberlaune?

Die USA gehen mit einer B-Mannschaft ins heutige Fußball-Länderspiel gegen Jürgen Klinsmanns Auswahl

DORTMUND taz ■ Der Sportartikelhersteller Nike, offizieller Ausrüster des US-Fußballverbandes, posaunte vor geraumer Zeit, die USA würden bald „über den Großteil des Globus hinwegfegen“. Und tatsächlich: Die amerikanische Nationalmannschaft, die heute Abend (20.30 Uhr) im Dortmunder Westfalenstadion gegen Deutschland antritt, eilt seit Monaten von Sieg zu Sieg und ist in der Rangliste des Weltverbandes Fifa bis auf den fünften Platz vorgerückt.

Der Trainer der US-Elf, Bruce Arena, 54, vermag den hohen statistischen Status richtig einzuschätzen. „Das Jahr hat für uns gut begonnen, wir wissen aber schon, dass die Spiele im Juni komplett anders sein werden als die bisherigen Partien.“ Der Coach spielt damit auf die starke WM-Vorrundengruppe an: Die USA treffen in der Gruppe E auf Italien, Tschechien und Ghana.

So löblich der in die Zukunft gerichtete Realitätssinn von Arena ist, die jüngsten Auftritte seiner Mannschaft verdienen Respekt. Unter anderem wurde Ende Januar Norwegen mit einem beeindruckenden 5:0 vom Platz geschossen. Vor drei Wochen gab es ein 1:0 im Testmatch gegen den deutschen WM-Gegner Polen; der Erfolg fiel zwar unter die Rubrik „unspektakulärer Arbeitssieg“, aber egal. „Ich glaube nicht, dass sich unsere Gegner noch von uns überraschen lassen“, fasst Arena die Lage zusammen. Torhüter Kasey Keller vom Bundesligisten Borussia Mönchengladbach formuliert es so: „Unser Selbstbewusstsein ist groß. Wir wissen, dass wir mit jedem mithalten können.“

Diese Aussage gilt natürlich auch für das erste Aufeinandertreffen mit der deutschen Mannschaft seit dem Viertelfinale bei der letzten WM. Trotz des gehobenen Anspruchs ist indes nicht zu erwarten, dass die US-Auswahl ein Topspiel abliefert. Viele der in Europa beschäftigten Nationalspieler wurden nicht von ihren Vereinen freigestellt, Arena muss deshalb hauptsächlich auf Akteure aus der heimischen Profiliga Major League Soccer zurückgreifen. Arena blickt der Partie gegen Deutschland denn auch sehr pragmatisch entgegen und sagt: „Einige unserer Spielern bekommen die Gelegenheit zu zeigen, dass sie es verdienen, für den WM-Kader berücksichtigt zu werden.“

Dass die USA weitestgehend mit ihrer B-Mannschaft auflaufen, wird sich vor allem im Mittelfeld bemerkbar machen. In Bestbesetzung sorgen dort arrivierte Kräfte wie DaMarcus Beasley vom PSV Eindhoven oder Routinier Claudio Reyna von Manchester City für Ordnung, nun werden aber unbekanntere Namen wie Pablo Mastroeni oder Kerry Zavagnin Einsatzzeit bekommen. Da auch der ehemalige Leverkusener Profi Landon Donovan wegen einer Wadenverletzung seine Teilnahme absagen musste, dürfte das Team seine Mühe haben, ein konstruktives Angriffsspiel aufzuziehen.

Findet der Ball doch seinen Weg nach vorne, wartet mit Taylor Twellman ein Abnehmer, dessen Nationalmannschaftskarriere Fahrt aufnimmt. Mit 26 Jahren fängt der Angreifer, der in der vergangenen Saison in der MLS zum „Wertvollsten Spieler“ gekürt wurde, an, auch im Nationaltrikot Tore zu schießen. Arena, erneut ganz Realist, zügelte die Euphorie. Twellman lerne gerade, „wie man auf internationaler Ebene spielt“, kommentierte der Trainer trocken. Soll heißen: Im Idealfall wird der Sturm nach wie vor von Brian McBride (FC Fulham) angeführt. Auch McBride steht morgen jedoch nicht zur Verfügung. TOBIAS POX