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Archiv-Artikel

Warnsignal aus heißem Herzen

120 Schulleitungen kündigen Protest gegen Dinges-Dierigs Schulreformgesetz an. Das Gesetz mache Schulen eher unfrei, als ihre Eigenständigkeit zu fördern. Behörde will mehr Werbung machen

von KAIJA KUTTER

Schwere Schlappe für Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU): Auf einer Pesonalversammlung haben 120 Schulleiter der Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen (GHRSo) angekündigt, dass sie gegen das für August geplante Schulreformgesetz „remonstrieren“ werden, da sie dessen Umsetzung nicht verantworten können. Damit lehnt sich gut die Hälfte der rund 230 Leiter dieser Schulformen gegen die Reform auf. Noch offen ist, ob die zirka 100 Gymnasial- und Gesamtschulchefs folgen werden.

„Wir waren selbst überrascht, dass so viele Schulleiter kamen“, berichtet Personalrat Hermann Kahle von der Versammlung, die bereits am letzten Schultag vor den Märzferien stattgefunden hatte. Die Idee der Remonstration sei auf Antrag eines Teilnehmers in die vorbereitete Resolution aufgenommen worden. Sich richtig verweigern oder streiken dürfen die Schulleiter zwar nicht, wohl aber ihre Bedenken gegen eine Anordnung aktenkundig machen und sie dann nur unter Protest auf eine Dienstanweisung hin befolgen.

Doch unabhängig von der juristischen Dimension wäre so eine Massenremonstration ein „politisches Warnsignal“, wie die GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch gestern erklärte. Denn mit dem Schulreformgesetz wolle Dinges-Dierig die Schulen über „Ziel- und Leistungsvereinbarungen“ lenken. Eltern- und Lehrerkammer haben dies bereits als „undemokratisch“ abgelehnt, weil sie an der Zielauswahl nicht beteiligt werden. Die Ziele sollen nur zwischen Behörde und Schulleitern ausgehandelt werden. Die Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg tragen dann die Rektoren. Sie sollen zusätzlich direkte Vorgesetzte der Lehrer werden, diese auch einstellen und mehr Budgetverantwortung bekommen. Die Schulleiter sollen die Reform „laut Dinges-Dierig mit heißem Herzen betreiben“, sagt Personalrat Kahle. „Aber sie kann das nicht machen, wenn sie die Mitarbeiter nicht auf ihrer Seite hat“, warnt er zugleich.

Die Rektoren stört, dass es für die neuen Aufgaben keine Entlastung gibt und das Gesetz „im Eilverfahren“ und ohne Dialog mit den Betroffenen durchgeboxt werde. „Die Situation ist eindeutig, dass wir von den Plänen nicht viel halten“, erklärt Schulleiter Uli Hoch von der Sonderschule Weidemoor. Obwohl er und seine Kollegen schon heute „bis an die Schmerzgrenze“ belastet seien, gebe die Verwaltungszentrale in der Hamburger Straße keine einzige Stelle ab. Hoch: „Wenn wir bei uns an der Schule noch Personal rausschneiden müssen, fehlt das dann bei den Schülern.“

Schwierig finden die Schulleiter auch ihre rechtliche Position. So delegiert die Bildungsbehörde lediglich einen Teil der Dienstherrenaufgaben an die Rektoren – aber nur auf Widerruf. Hinzu kommt der Druck: In einem taz-Interview hatte Dinges-Dierig kürzlich gesagt, wenn ein Schulleiter nicht erfolgreich sei, müsse die Behörde „steuernd eingreifen“. Allerdings hat Hoch die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die strittige Reform noch verändert wird. „Wir gucken, ob wir ins Gespräch kommen.“

Danach sieht es nicht aus. Behördensprecher Alexander Luckow erklärte gestern zwar, es sei ernst zu nehmen, „wenn es so viele Schulleiter gibt, die Bedenken haben und sich überfordert fühlen“. Die Behörde werde deshalb aber „noch mehr für die Novelle werben“.