: In der Elternzeitfalle
KINDERKRIEGEN Nach einer längeren Auszeit zu Hause ist es für viele Frauen nicht einfach, im Job wieder voll Fuß zu fassen. Nicht selten führt das zu Konflikten mit dem Chef und sogar zu Kündigungen. Dabei ist das Recht eher auf Seiten der Mütter: Wiedereinstieg und Teilzeitanspruch sind klar gesetzlich geregelt
VON ANNE PASSOW
So hatte sich die junge Frau ihr Mutterglück nicht vorgestellt: Für den Polizeidienst sei sie als Alleinerziehende nicht mehr tauglich, stellte ihr Vorgesetzter klar. Nach der Elternzeit müsse sie mit ihrer Kündigung rechnen.
So wie dieser jungen Polizistin geht es vielen. „An uns wenden sich immer wieder Frauen, die über Benachteiligungen im Arbeitsleben klagen, nachdem sie Mütter geworden sind“, sagt Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Da kündigt der Arzt seiner Angestellten nach einer Fehlgeburt, weil sie noch mal schwanger werden könnte, da entfristet der Chef den Vertrag nicht wie versprochen, da bietet die Firmenleitung der zurückkehrenden Mutter plötzlich eine Stelle in einer anderen Stadt an oder zu Arbeitszeiten die mit den Krippenzeiten nicht zu vereinbaren sind. „Es gibt zig Tricks, wie Arbeitgeber junge Mütter aus dem Job drängen können“, sagt Brigitte Borchers, Gleichstellungsbeauftragte in Rotenburg an der Wümme.
Dabei ist das Gesetz eigentlich auf der Seite der Frauen. Nach der Elternzeit haben sie ein Recht auf ihre alte oder eine ähnliche Beschäftigung. „Und während der Elternzeit hat der Arbeitnehmer vollen Kündigungsschutz“, sagt Maximilian Wittig, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Bremen. Der gilt dann, wenn die werdende Mutter den Antrag sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit gestellt hat. Nach der Elternzeit darf der Mutter nur dann gekündigt werden, wenn der Arbeitgeber das gut begründen kann. „Wenn der Arbeitsplatz wegen mangelnder Aufträge wegfällt oder die Frau beim Diebstahl erwischt wird, wäre das zum Beispiel zulässig“, sagt Wittig.
Die Kündigung werde aber oft ohne hinreichende Begründung ausgesprochen. „Der wahre Hintergrund ist häufig, dass die Mutter Teilzeit arbeiten will und der Chef das nicht ermöglichen will oder kann.“ Es gibt jedoch einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit. Will die Mutter während der Elternzeit die gesetzlich erlaubten 30 Stunden pro Woche arbeiten, muss sie das ihrem Arbeitgeber spätestens sieben Wochen vorher mitteilen. Will sie nach der Elternzeit in Teilzeit einsteigen, muss sie das drei Monate vorher schriftlich anmelden und ausführen ab welchem Datum, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten sie wieder arbeiten will. „Ist der Chef damit einverstanden, sollte sich die Frau das auf jeden Fall noch mal schriftlich geben lassen“, rät Wittig.
Versucht der Chef seine Angestellte dazu zu bringen, dass sie selbst kündigt, indem er ihr zum Beispiel eine Stelle in einer anderen Stadt anbietet, rät Wittig den Arbeitsvertrag vorher auf jeden Fall noch mal prüfen zu lassen. „Nicht jede Versetzung ist zulässig“, sagt er. Wittig vertritt nicht nur Mütter, die wieder einsteigen wollen, sondern auch Arbeitgeber, die Probleme damit haben, den Teilzeitforderungen der Frauen nachzukommen.
Hat sich eine Frau mit ihrem Wunsch nach Teilzeit durchgesetzt, kann das später allerdings zu einem weiteren Problem führen. „Viele Frauen, die später wieder ganztags arbeiten wollen, haben Schwierigkeiten, wieder auf eine Vollzeitstelle zu kommen“, sagte die Gleichstellungsbeauftragte Brigitte Borchers. Viele hätten es zuvor versäumt, dies vertraglich mit dem Chef zu regeln. Hinzu kämen unflexible Betreuungsangebote für Kleinkinder. „Deshalb ist es nach wie vor meist so, dass der Mann der Hauptverdiener ist und die Frau die Karriere für die Familie hintenanstellt“, bedauert Borchers.
Auch der Bericht des „Committee on the Elimination of Discrimination against Women“ der Uno kritisierte in seinem letzten Bericht, dass es in Deutschland meist die Frauen sind, die wegen der Familie ihre Berufstätigkeit unterbrechen oder nur noch in Teilzeit arbeiten. Unternehmen wie die KfW Bankengruppe, die Deutsche Rentenversicherung oder die Techniker Krankenkasse, die Betriebskindergärten oder Modelle zum Wiedereinstieg anbieten, sind noch die Ausnahme. Und viele junge Mütter haben heute mit einem weiteren Problem zu tun: „Fast alle Arbeitsverträge sind befristet und werden nicht verlängert, wenn die Frau in Elternzeit ist“, sagt Borchers. Minijobberinnen, Freiberuflerinnen und Frauen mit befristeten Verträgen stehen nach ihrer Auszeit oft ganz ohne Job da.
Fachanwalt Maximilian Wittig empfiehlt daher allen Müttern, die zurück in ihren Job wollen, während der Elternzeit in Kontakt mit dem Arbeitgeber zu bleiben, sich zwischendurch mal blicken zu lassen, eventuell bei einer Fortbildung dabei zu sein und Wünsche für den Wiedereinstieg wie Teilzeit früh bekannt zu geben, damit das Unternehmen planen kann. Wittig: „Wenn die Mitarbeiterin ihrem Chef signalisiert: ,Ich stehe weiter hinter dem Unternehmen und kümmere mich darum, mich weiter zu qualifizieren‘, ist er meist auch daran interessiert, sie zu halten“. Dann geht’s auch ohne Anwalt.