: In der Sackgasse des bewaffneten Kampfes
Die ETA war die letzte bewaffnete Untergrundbewegung Westeuropas. Ihre Vorgehensweise hat sich überlebt
MADRID taz ■ ETA war seit Jahren die letzte nennenswerte Organisation in Westeuropa, die auf den bewaffneten Kampf zur Umsetzung ihrer Ziele setzte. Doch längst befand sich die Separatistengruppe in einer tiefen Krise. Nachdem sie ihren eigenen Waffenstillstand von 1998 vierzehn Monate später wieder gebrochen hatte, kritisierten immer mehr ihrer Anhänger den bewaffneten Kampf. Viele verziehen ETA nie, mit den Illusionen der baskischen Bevölkerung gespielt zu haben.
In den Jahren danach schlug die Polizei in Spanien und Frankreich öfter zu denn je. Immer wieder wurde die gesamte Führungsstruktur ausgehoben. In den vergangenen sieben Jahren wurden knapp 1.000 mutmaßliche „Etarras“ festgenommen. Der schwerste Schlag: Dank eines neuen, von der damaligen konservativen spanischen Regierung unter José María Aznar erlassenen Parteiengesetzes wurde ETAs politischer Arm „Herri Batasuna“ verboten. Der gesellschaftliche Einfluss der Separatisten litt ebenso darunter wie deren Finanzen. Keine Beteiligung an den Wahlen hieß: keine öffentlichen Gelder.
Auch international gerieten die radikalen Separatisten mehr unter Druck. Frankreich genehmigt seit mehreren Jahren zeitweilige Auslieferungen, um Etarras den Prozess in Spanien zu machen, auch wenn sie in Frankreich noch Haftstrafen verbüßen. Nach dem 11. September wurden sowohl ETA als auch Batasuna in die Listen terroristischer Gruppen von EU und USA aufgenommen.
Spätestens nach den islamistischen Anschlägen auf die Pendlerzüge in Madrid, die am 11. März 2004 192 Menschen das Leben kosteten, konnte ETA nicht mehr weitermachen wie bisher. Denn die soziale Akzeptanz gegenüber tödlicher Gewalt als politisches Mittel verschwand auch bei den Basken völlig. ETA, die bereits zuvor zusehen musste, wie nach ihren Anschlägen hunderttausende selbst im Baskenland auf die Straße zogen und „Schluss jetzt!“ riefen, mordete künftig nicht mehr. Die Bombenanschläge in den letzten Jahren zielten einzig auf Unternehmen, die sich weigerten, die so genannte Revolutionssteuer an ETA abzuliefern. Tote oder Schwerverletzte waren dabei keine zu beklagen.
REINER WANDLER