: Streit um das Polizeigesetz
Opposition im Kieler Landtag übt Kritik an umstrittener Reform des Polizeirechts. FDP bezweifelt Verfassungmäßigkeit des vorgelegten Regierungsentwurfs
Die aus FDP, Grünen und SSW bestehende Opposition im Kieler Landtag hat die vor der rot-schwarzen Koalition geplante Reform des Polizeirechts vehement kritisiert. Sie bezweifelte die Verfassungsmäßigkeit der gestern in erster Lesung beratenen Novelle, in der sie eine ungerechtfertigte Einschränkung von Freiheitsrechten sieht. Innenminister Ralf Stegner (SPD) verteidigte hingegen den Entwurf als gelungene rechtliche Grundlage für eine „Verbrechensbekämpfung mit Augenmaß“.
Mit der geplanten Reform, die im Kieler Landtag noch einmal diskutiert werden muss, sollen die Fahndungsmöglichkeiten der Polizei drastisch ausgeweitet werden: Häufigere Personenkontrollen sieht der Gesetzentwurf ebenso vor wie ein vorbeugendes Anzapfen von Telefonen und Handys sowie die engmaschige Videoüberwachung öffentlicher Plätze und Straßen. Für die Einführung eines automatischen Lese-Systems für Autokennzeichen soll ebenso eine Rechtsgrundlage geschaffen werden wie für die Möglichkeit, längerfristige Aufenthaltsverbote gegen „Störer“ auszusprechen.
Während der SPD-Abgeordnete Thomas Rother vor dem Landtag betonte, mit der Novelle werde „der Schutz der Menschen vor Straftaten verbessert“, ließen die Oppositionsparteien kein gutes Haar an der Reform. Der Kieler FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki hält den vorgelegten Entwurf für schlicht „verfassungswidrig“. Die Anordnung der geplanten Telefonüberwachung sei an so schwammige Voraussetzungen gebunden, dass die vom Verfassungsgericht geforderten „eingriffsbeschränkenden Maßnahmen“ nicht zu erkennen seien.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anne Lütkes, erklärte, der Innenminister meinte ein sicherheitsrechtliches Instrumentarium gefunden zu haben, das effektiv sowohl gegen internationale Top-Terroristen wie auch gegen Taschendiebstahl helfe und dabei in jedem Einzelfall verhältnismäßig sei. Lütkes: „Man braucht keine kriminologischen Fachkenntnisse, um dies für unmöglich zu halten.“
Auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) lehnte den Gesetzentwurf ab. „Die vorgesehenen Maßnahmen sind eine Ausweitung und Verschärfung der Überwachungsmöglichkeiten, die einen unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich garantierte Rechte der Bürger darstellen, ohne dass sie zur Gefahrenabwehr beitragen“, erklärte die SSW-Abgeordnete Anke Spoorendonk. „Das führt aus unserer Sicht zu einer Jedermann-Kontrolle.“ MARCO CARINI