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Archiv-Artikel

Hastiges Personalkarussell in Brasiliens Außenministerium

BRASILIEN Diplomatische Krise mit Bolivien bringt Brasiliens Außenminister zum Rücktritt

RIO DE JANEIRO taz | 24 Stunden nachdem ein windiger bolivianischer Oppositionspolitiker nach Brasilien flüchtete, ist dessen Außenminister Antonio Patriota zurückgetreten. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff reagierte am Montagabend schnell auf den diplomatischen Skandal. Sie nahm den Rücktritt Patriotas an und ersetzte ihn durch den UN-Botschafter Luis Alberto Figueiredo. Aber sie schickte Patriota nicht ins politische Abseits, sondern direkt nach New York, wo er nun seinerseits Nachfolger von Figueiredo wird.

Der Fall des bolivianischen Senators Roger Pinto belastet die diplomatischen Beziehungen der beiden Nachbarländer schon seit Langem. Im Mai vergangenen Jahres war Pinto in die brasilianische Botschaft in La Paz geflüchtet. Er werde, so die Begründung des konservativen Politikers, von der Regierung unter Evo Morales politisch verfolgt und erhalte Todesdrohungen, nachdem er Staatsminister Juan Ramón Quintana Verbindungen zum Drogenhandel vorgeworfen hatte. Rousseff gewährte ihm daraufhin die Zuflucht in der Botschaft, verweigerte aber die Ausreise nach Brasilien.

Pinto, einst Gouverneur des Bundesstaates Pando und führender Kopf der Oppositionsallianz gegen Morales, ist bereits zu einem Jahr Haft wegen Korruption verurteilt. Weitere Prozesse wegen illegalen Verkaufs staatlicher Ländereien und Unterschlagung sind anhängig. Die Rechte spricht von einer Hatz auf die Opposition, die Regierung vom Kampf gegen Korruption.

Entsprechend verschnupft reagierte Boliviens Regierung auf das brasilianische Botschaftsasyl. Die spektakuläre Flucht nach Brasilien am Wochenende brachte nun das Fass zum Überlaufen: Pinto reiste über 1.500 Kilometer in einem offiziellen Wagen mit diplomatischer Immunität. Ein Botschaftsangestellter gab zu, aus „persönlichen Motiven“ die Flucht ermöglicht zu haben. Eine „nicht hinnehmbare Verletzung diplomatischer Normen“, monierte La Paz.

Sonst war er ein Außenminister, der wenig auffiel, und galt in der von diversen Korruptionsskandalen auf Ministerebene gebeutelten Rousseff-Regierung als stabilisierender Faktor. Ziehsohn seines renommierten Vorgängers Celso Amorim, setzte Patriota die fortschrittliche, auf regionale Integration orientierte Politik bruchlos fort. Rousseff hofft jetzt, dass die Episode möglichst schnell in Vergessenheit geraten wird. ANDREAS BEHN