: Die Bürosportler schlagen zu
Die deutschen Bürogolfer küren in Berlin ihren Meister – ausgerechnet am arbeitsfreien Sonnabend
Nichts deutet vor dem gläsernen Bürogebäude am Neuen Kranzler Eck auf eine Austragung von Deutschen Meisterschaften hin. Bis auf die beschäftigungslose Empfangsfrau im Erdgeschoss sind nirgends Menschen zu sehen. Das Wochenende hat hier in unmittelbarer Nähe des belebten Kurfürstendamms fast alles zum Erliegen gebracht. „Bürogolfmeisterschaften? Da müssen Sie in den 7.Stock“, sagt die Frau hinter dem Tresen.
Oben angekommen trifft man auf 30 Menschen, die mit Golfschlägern ausgerüstet von Büro zu Büro schlendern. Sie inspizieren den Rundkurs. In wenigen Augenblicken beginnt das Finale der „Office Putting Challenge“. Der Wettbewerb wird von einer schottischen Whiskeymarke gesponsert und bereits zum dritten Mal ausgetragen. Doch so schwer wie dieses Jahr, so verwinkelt und hindernisreich, sei der Kurs noch nie gewesen, sagt der als Berater geladene Golflehrer Sebastian Holzapfel.
Mit Kartons von Whiskeyflaschen hat man zu durchquerende Tore nachgebildet und eine Rampe gebaut. Neben Möbeln, Papierkörben und Pflanzen fungieren blaue und gelbe Tücher als Hindernisse. Das blaue Tuch soll Wasser, das gelbe Sand markieren. In ihrer Kärglichkeit wirken diese Bürofantastereien rührend. Im Unterschied zum altehrwürdigen Golf vermarkten die Veranstalter das „Office putting“ gezielt als Fun-Sportart.
Das Turnier käme super an, berichtet Jochen Haßdenteufel, der Organisator. Im ersten Jahr hätten sich 15 Firmen angemeldet, im zweiten 100 und dieses Jahr wären es schon 150 Unternehmen gewesen. Vor allem Versicherungen, Banken und Anwaltskanzleien gehören zu den Teilnehmern. Nach einem innerbetrieblichen Ausscheidungsturnier schickt jedes Unternehmen die zwei besten Mitarbeiter als Team zu einem der fünf Regionalwettbewerbe. Dort werden jeweils die drei besten Teams für das Finale in Berlin ermittelt.
Warum auch nicht? Haßdenteufel gibt zu bedenken, dass auf diese Weise das Betriebsklima verbessert würde und sich die Kollegen von einer ganz anderen Seite kennen lernen könnten. Doch den Teilnehmern ist zu empfehlen, den Spaß nicht zu weit zu treiben. Frank Finkbeiner, der bislang bei allen Meisterschaften dabei war, erzählt, die letztjährigen Gewinner von einer kleinen Privatbank hätten Stress mit ihrem Arbeitgeber bekommen. Sie wären zu häufig mit ihrer Erfolgsgeschichte in der Öffentlichkeit aufgetreten. Die Bank wollte aber nicht als Unternehmen wahrgenommen werden, in dem hervorragende Bürogolfer heranreifen. Die Folge: Sie beteiligte sich dieses Jahr nicht am Wettbewerb.
Die Teilnehmer der diesjährigen Meisterschaften verhielten sich im Sinne ihrer Arbeitgeber taktisch äußerst klug. Sie übertrafen sich gegenseitig in ihren öffentlichen Bekenntnissen, wie wenig sie trainiert hätten. Finkbeiner, der mit seinem Partner für eine Münchner Lebensversicherung antrat und schließlich gewann, ging sogar so weit, das Nichttrainieren als Rezept für den Erfolg auszugeben. Sie hätten einmal vor einer Ausscheidung geübt, und da sei es am schlechtesten für sie gelaufen, erklärte er. JOHANNES KOPP