: Neuer Etat, alte Löcher
Die Bundesregierung präsentiert ihren Haushaltsentwurf für 2006 – die FDP kritisiert ihn als verfassungswidrig
BERLIN ap ■ Finanzminister Peer Steinbrück hat zu Beginn der viertägigen Haushaltsdebatte im Bundestag die geplante Mehrwertsteuererhöhung vehement verteidigt. Die Bundesausgaben seien zu 20 Prozent oder 50 Milliarden Euro nicht durch nachhaltige Einnahmen gedeckt, sagte der SPD-Politiker gestern. Deshalb sei die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte zum 1. Januar notwendig, auch wenn sie Kaufkraft entziehe und die Konjunktur dämpfe. Die FDP rügte, der Etat breche die Verfassung.
Steinbrück sagte, sein Etatplan verfolge vor allem das Ziel, das anziehende Wirtschaftswachstum in diesem Jahr zu unterstützen. Die große Koalition unterlasse daher alles, was die Konjunktur eintrüben könne. Das Investitionspaket von 25 Milliarden Euro bis zum Jahr 2009 sei notwendig, um Wachstum und Beschäftigung anzuregen. Dies sei eine Voraussetzung für die Haushaltssanierung. „Wir können uns alleine nicht aus den Defiziten heraussparen.“
In den kommenden drei Jahren will sich der Bund durch Einsparungen und zusätzliche Steuereinnahmen um 79,3 Milliarden Euro entlasten. Für 2006 sieht der Haushaltsentwurf Ausgaben von 261,7 Milliarden Euro vor. Das sind 0,7 Prozent mehr als 2005. Die Neuverschuldung beträgt 38,3 Milliarden Euro und überschreitet damit entgegen Artikel 115 des Grundgesetzes deutlich die Summe der Investitionen von knapp 23 Milliarden Euro. Um dennoch im Rahmen der Verfassung zu bleiben, will die große Koalition eine „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ feststellen.
Dies geißelte der FDP-Finanzexperte Jürgen Koppelin als bewussten Verfassungsbruch. „Noch mehr Schulden, noch höhere Steuern und keine Korrektur bei den Ausgaben: Statt eines Kurswechsels läuft alles weiter wie gehabt“, monierte und verlangte, die Steuern zu senken, anstatt sie zu erhöhen. Mit der Mehrwertsteuererhöhung, die die SPD im Wahlkampf noch abgelehnt habe, begingen die Sozialdemokraten Wortbruch, sagte er. Die Steuererhöhung sei unsozial gegenüber Rentnern, Arbeitslosen und Studenten.
Der CDU-Haushaltspolitiker Michael Meister lobte den Etat 2006 als ersten Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Haushaltssanierung. „Wir können nicht weiter planlos Lasten in die Zukunft verschieben.“ Ziel seiner Partei sei ein ausgeglichener Haushalt, was wegen der prekären Finanzlage allerdings bis 2009 nicht machbar sei. Gesine Lötzsch (Linksfraktion) monierte, die Steuergesetze verteilten Milliarden von unten nach oben; dies wolle ihre Partei umkehren. Sie forderte mehr Geld für Bildung und Gratis-Kita-Plätze.
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