Mountainbiker gegen Schnapsbrenner

Die rheinland-pfälzische CDU macht nach dem Debakel bei den Landtagswahlen, was sie am liebsten tut: Sie balgt um Posten. Gesucht wird ein Nachfolger für den gescheiterten Spitzenkandidaten Christoph Böhr. Oder sollte es besser zwei Chefs geben?

AUS MAINZ KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Beschwingt und selig lächelnd schlenderte Christoph Böhr (52) am Dienstagabend zum Hauptquartier seiner Partei in Mainz. Der rheinland-pfälzische CDU-Landesvorstand traf sich dort mit den Bezirksvorständen zur Wahlanalyse. Die Bürde der Verantwortung lastet offensichtlich nicht mehr so tonnenschwer wie bisher auf dem promovierten Philosophen aus Trier, dem die diffizile Rolle des ewigen Herausforderers von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sicher nicht auf den Leib geschrieben war. Vom Landes- und Fraktionsvorsitz hatte er sich schon in der Wahlnacht verabschiedet – nur zehn Minuten nach der ersten, für die CDU schlimmen Hochrechnung.

Bis zum 5. April bleibt Böhr allerdings noch formal Fraktionschef. Dann erst wollen die Abgeordneten seinen Nachfolger wählen. Und bis zum nächsten Landesparteitag bleibt der Wahlverlierer auch noch Landeschef der CDU. Doch hinter den Kulissen hat längst ein Hauen und Stechen um die vakant werdenden Positionen begonnen. Hart gerungen wird auch darum, ob wie bisher nur eine Person für beide Ämter nominiert werden soll – oder ob es einen Fraktionschef und einen anderen Parteichef geben soll. Gestritten wird bei der CDU in Rheinland-Pfalz schließlich traditionell.

Das ganze Elend begann 1988 mit dem Sturz von Bernhard Vogel durch eine von „Parteifreunden“ ohne Not initiierte Intrige. Die Rebellen machten dem im Lande beliebten Ministerpräsidenten den Parteivorsitz streitig. Auf einem Parteitag in Koblenz wurde Vogel tatsächlich abgewählt – und trat umgehend auch als Regierungschef zurück. Mit den Worten „Gott schütze Rheinland-Pfalz! stürmte er mit Tränen in den Augen aus der Halle. Vogel reüssierte bald darauf als Ministerpräsident in Thüringen, während die Renegaten ihren schon älteren Mitstreiter Carl-Ludwig Wagner übergangsweise zum Landesurgroßvater kürten. Die CDU verlor die nächste Wahl 1991 und erlitt seitdem Niederlage auf Niederlage.

2004 dann brachte der Trierer Bezirksboss Peter Rauen die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse als neue Spitzenkandidatin für die Wahlen 2006 ins Gespräch. Die „Hoffnungsträgerin“ aber winkte ab. Rauen warf selbst seinen Hut in den Ring. Doch Böhr obsiegte bei einer Mitgliederbefragung.

Aktuell wurde der Landtagsabgeordnete Christian Baldauf (39) aus dem pfälzischen Frankenthal von seinem Bezirksverband als Fraktionschef vorgeschlagen. Der smarte Jurist ist Fan von AC/DC und Mel Gibson, fährt gerne Mountainbike und taucht tief und bekundete – vorlaut – sein Interesse an dem Job. Das brachte den Bezirksvorstand in Trier in Rage, der sogleich einen Gegenentwurf zum schmalen Baldauf präsentierte: den 51-jährigen Landwirt und passionierten Schnapsbrenner Michael Billen aus Kaschenbach in der Eifel (51 Einwohner), Bezirks- und Kreischef in Bitburg. Und der Bezirk Koblenz? Hält – noch – still. Die Union ganz am Boden und schon wieder im Beißkampf. Nichts Neues im „Beck-Land“.