Berliner Platten : Neues aus der Sparte „Leben retten“: Daniel Meteo erklärt, wie eigentlich ein Loop funktioniert, Miss Yetti lässt es stur pochen, und Todd Bodine hat die Parodie von Techno aufgedeckt
Der groovende Schaltkreis mag ja in einer allgemein immer wieder gern diagnostizierten Krise stecken, aber noch gibt es – gerade in Berlin – genug Menschen, die das nicht glauben wollen und tapfer weiter werkeln an Werken, die ein DJ auflegen kann, um Leben zu retten. Einer von ihnen ist Daniel Meteo, viel beschäftiger Aktivist, Labelbetreiber, Veranstalter, Remixer und eine Hälfte von Bus. So elegant wie deren Tracks kommt der alleinige Meteo auf „Peruments“ allerdings nur selten daher. Er sagt, er habe sich auf die Suche nach dem Soul begeben, gefunden hat er dabei offensichtlich vor allem die Brüche in der Geschichte des elektronischen Tanzbodens. Ein House-Beat darf nicht mehr nur geradeaus sein, ein Rhythmus lange nicht mehr nur zum Tanzen. Also kann man hier noch lernen, wie ein Loop sich langsam um sich selber schraubt, um dann irgendwann zum Groove zu werden. Man kann beobachten, wie einzelne Klänge auftauchen und verschwinden und wieder auftauchen, bis die Hypnose geglückt ist. Währenddessen scheinen immer wieder Gitarren-Fragmente aus anderen Zeiten und Genres auf, mal darf man an Nile Rodgers von Chic denken, dann sich einen Singer/Songwriter vorstellen, und alles scheint vor allem sagen zu wollen: Alles geht, alles funktioniert, solange es nur gut klingt.
Entschieden strenger ist da die Herangehensweise von Miss Yetti. Nach ihrem Debüt „Out of Control“ und der DJ-Compilation „Gold & Liebe“ untersucht sie nun auf „Insights“ die Möglichkeiten, einen wie an der Schnur gezogen durch die Nacht zu geleiten. Ganz ungebrochen und unglaublich selbstsicher programmiert sie ihre nur selten von Breaks unterbrochene Bass Drum. So still und starr legt sich der Rhythmus vor dem Hörer nieder, dass irgendwann die Zeit stehen zu bleiben scheint. Natürlich bemüht sich auch Yetti um Abwechslung, lässt düstere Stimmungen entstehen und Samples aus den Zeiten der New Wave vorbeiziehen. Zentrum ihrer Tracks aber bleibt der Herzschlag, der sich in Beats per Minute messen lässt. Das ist bisweilen altmodisch, aber jederzeit zweckmäßig: Trance durch Tanz und die anschließende Leere des Morgengrauens. „Insights“ ist eine Platte, die die Körperlichkeit in die Elektronik zurückholt.
Todd Bodines Debütalbum wirkt dagegen wie eine Kopfgeburt. Und ist ausdrücklich stolz darauf. Auf „Surfaces“ seziert Bodine, der sich vor allem als Resident-DJ im Tresor mit Minimal Techno einen Namen gemacht hat, akribisch die Bestandteile von House und Techno. Das funktioniert meistens zwar tatsächlich auch noch als Tanzmusik, bringt aber doch vor allem die Synapsen zum Schwingen. Gern begeben sich die Tracks immer wieder ins Grundsätzliche und isolieren so bestimmt einige wenige Details, dass mitunter eine fast schon parodistische Version des Genres entsteht. Das Ergebnis ist ein – wenn auch wahrscheinlich ungewollter – Abgesang auf Techno und seine stete Minimierung. Und womöglich ist „Surfaces“ ja auch, gerade weil es sich ein wenig Humor leistet, ein Ausweg aus der eingangs erwähnten Krise. THOMAS WINKLER