Union setzt auf Atomenergie

Nach dem gestrigen Energiegipfel will die CDU die SPD von längeren Reaktorlaufzeiten überzeugen. Doch die hält am vereinbarten Ausstieg fest

BERLIN taz ■ Die CDU will nach dem gestrigen Energiegipfel wieder über längere Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland reden. Die Spitze der Unionsfraktion im Bundestag halte die Kernenergie „auf absehbare Zukunft für unverzichtbar“, heißt es in einem Positionspapier, das der Vorstand gestern auf seiner Klausurtagung vor dem abendlichen Gespräch im Bundeskanzleramt verabschiedete.

Nach Ansicht der Unionsfraktionsspitze verschafft „die weitere Nutzung der Kernenergie den erforderlichen zeitlichen Spielraum, den andere Energieträger zu ihrer technischen Entwicklung und zur Erlangung der Marktreife noch benötigen“.

Dabei hatten die beiden Parteien in ihrem Koalitionsvertrag den vereinbarten Atomkonsens und damit die geplante Abschaltung der Reaktoren in den kommenden Jahren für weiterhin gültig erklärt. Und die SPD halte weiterhin an dem Ausstieg fest, betonte gestern SPD-Fraktionschef Peter Struck: „Es wird beim Ausstieg aus der Kernenergie bleiben.“ Entgegengesetzte Bemühungen der Union würden erfolglos bleiben.

Dennoch kam das Thema entgegen der ursprünglichen Absicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch auf Drängen der eigenen Parteifreunde und der Industrie auf die Tagesordnung der Gespräche zwischen Wirtschaft und Politik. Und dort wird es voraussichtlich auch bleiben. Wenn über die mittelfristige Versorgungssicherheit geredet werde, müsse auch über mögliche längere Laufzeiten gesprochen werden, sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla gestern Nachmittag. „Der Prozess ist auf ein oder zwei Jahre angelegt.“ Er könne sich vorstellen, dass der „Erkenntnisgewinn“ zu diesem Thema auch bei der SPD wachse.

Doch deren Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zeigt sich bislang konsequent. „Mit den Investitionen der Energieversorger in neue Kraftwerke und dem Ausbau der alternativen Energien wird in den kommenden Jahren weit mehr Strom erzeugt, als durch das Auslaufen der riskanten Kernenergie vom Netz geht“, schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag in der BamS. Deutschland könne mit den geplanten Investitionen die modernste und effizienteste Stromversorgung in Europa schaffen. „Atomkraftwerke brauchen wir dafür nicht“, unterstrich der Bundesumweltminister. STEPHAN KOSCH