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Archiv-Artikel

Päpstlicher Schwulenhasser

Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ist ein Mann, der sich auskennt, jedenfalls wenn es um die Wurzeln der Pädophilie geht. „Viele Soziologen, viele Psychiater haben gezeigt, dass es keine Beziehung zwischen Zölibat und Pädophilie gibt, und dagegen haben zahlreiche andere dargelegt – wie sie mir erst kürzlich gesagt haben –, dass eine Beziehung zwischen Homosexualität und Pädophilie existiert.“

Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hat Bertone, im Vatikan der mächtigste Mann hinter Papst Benedikt XVI., auf diese Weise. Der Zölibat ist aus dem Schneider – und den Schwarzen Peter haben wieder einmal die Schwulen, die die Kirche sowieso nicht mag.

Vielleicht hat Bertone diesmal übertrieben – der Aufschrei der Schwulen- und Lesbenverbände rund um den Erdball und Negativschlagzeilen in der ganzen Welt waren die Antwort auf seine in Chile gemachten Äußerungen. Doch zugleich hat er wieder einmal gezeigt, dass die Treue zum Papst ihm über alles geht. Bertone hat eine völlig geradlinige Kirchenkarriere hinter sich, vom Salesianergymnasium in Turin zur Professur an der Salesianer-Universität in Rom, dann zum Erzbischof in Vercelli. 1995 schließlich berief ihn Ratzinger, damals Chef der Glaubenskongregation, zum Sekretär der Kongregation; sieben Jahre arbeiteten die beiden Seite an Seite. Und nach vier Jahren als Erzbischof in Genua dann schließlich der letzte Schritt auf der Karriereleiter: Ratzinger, mittlerweile Papst, machte Bertone im Jahr 2006 zum Kardinalsstaatssekretär.

Ganz wie sein Vorgesetzter verteidigt Bertone von dieser Position aus die Orthodoxie, sei es gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder gegen die Abtreibungspille. Wenn nötig, kann er aber auch mal fünfe grade sein lassen: Als Italiens Bischofskonferenz im letzten Jahr vorsichtig auf Distanz zu Berlusconi ging, wegen dessen Eskapaden mit Call-Girls, sorgte Bertone dafür, dass aus dem Vatikan kein kritisches Wort gegen Italiens Regierungschef drang. Doch mit seiner Philippika gegen die Schwulen hat Bertone jetzt übertrieben: Der Osservatore Romano jedenfalls verzichtete schamhaft darauf, seine Äußerungen abzudrucken. MICHAEL BRAUN

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