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Archiv-Artikel

„SPD und CDU haben Einigkeit demonstriert“

Auch die vier großen Stromkonzerne hätten erklärt, sich an den Atomkonsens zu halten, sagt Energieexperte Stephan Kohler

taz: Sie waren beim Gipfel. Wer waren Ihre Tischnachbarn?

Stephan Kohler: Zu meiner Linken saß Ulrich Schmack, Vorstand eines Biogas-Unternehmens. Zu meiner Rechten waren zwei Stühle frei. Als Nächstes kam dann Forschungsministerin Annette Schavan.

Nanu? Woher die Distanz?

Das war so eingerichtet: Zwischen Regierungsvertretern und Experten blieben zwei Stühle frei.

Es ging also um Distanz?

Im Gegenteil: Ich war überrascht, wie offen das ganze Treffen ablief. Es gab zum Beispiel keine Rednerliste oder ein Protokoll: Wer was zu sagen hatte, meldete sich und bekam das Wort von der Kanzlerin zugeteilt. Bei solchen Gesprächen ist die Atmosphäre wichtig. Und die hat die Kanzlerin glänzend hinbekommen.

Und: Wer hat am meisten gesprochen?

Ich habe natürlich keine Strichliste gemacht. Aber mit Sicherheit weiß ich, wer am wenigsten gesprochen: die Vertreter der regenerativen Energiequellen. Ansonsten war es ziemlich gleich verteilt.

Kaum gesprochen wurde auch über das Thema Energieeffizienz …

… Also ich habe schon versucht, dieses Thema immer wieder anzusprechen. Praktisch nämlich zieht sich Energieeffizienz durch alle Facetten der Energiepolitik. Bis hin zu internationaler Versorgungssicherheit: Wir dürfen nicht nur über Ressourcenverfügbarkeit reden – also Erdgas, Erdöl und Kohle –, sondern müssen in unsere Strategien als Hochtechnologieland viel stärker auf den Export von Energieeffizienz und Effizienztechnologie setzen. Russland, China, Indien oder Südamerika haben einen derartig großen Energiehunger, dass ihre Versorgungssicherheit nur zu gewährleisten ist, wenn auch Ihre Energieeffizienz deutlich gesteigert werden kann.

Sind Sie mit dem Ergebnis des Energiegipfels zufrieden?

Niemand hatte eigentlich etwas Genaues erwartet – mal abgesehen davon, dass wir vor allem einen Prozess in Gang setzen wollten. Ziel dieses Prozesses ist, ein schlüssiges nationales Energiekonzept zu schaffen. Die ganz verschiedenen Positionen liegen jetzt auf dem Tisch: es gibt Bereiche, wo Einigkeit herrscht, und andere wo der Dissens zutage getreten ist.

Zumindest Umweltminister Gabriel sagt, in der Koalition sei das Thema Atomausstieg spätestens seit dem Gipfel Konsens. Hat der Gipfel das tatsächlich vermittelt?

Das kann ich einwandfrei bestätigen. Nicht nur dass zwischen SPD und CDU Einigkeit demonstriert wurde. Auch die „vier großen“ Stromkonzerne haben erklärt, sich an das im Atomkonsens vereinbarte Szenario halten zu wollen.

Und wie haben die das verkraftet? Hätten Sie lieber neben dem EnBW-Chef Uls Clasen gesessen?

Ich war mit meiner Sitzposition sehr zufrieden. Die Nähe zur Bundeskanzlerin war für mich gut – wenn ich mich gemeldet habe, hat sie es immer sofort gesehen. Entsprechend oft bin ich drangekommen.

Mit vollem Mund spricht man doch nicht: Wie war das Essen?

Es gab Lammkotelett. Ich habe allerdings kein Hauptgericht gegessen. Bei solchen Gesprächen konzentriere ich mich lieber auf die Inhalte.

INTERVIEW: NICK REIMER