: Warum angehende Manager Tango lernen müssen
Die Erfolgsfaktoren im Unternehmen sind Menschen, nicht Maschinen. Mit einem Planspiel lernen das jetzt nicht nur die Manager bei DaimlerChrysler, sondern auch die Studierenden der Ruhr-Universität Bochum. „Der Mehrwert sind die Ideen der Mitarbeiter“
Die Ruhr-Universität Bochum bietet künftig einen Tango-Kurs an. Doch mit Tanzen hat das nichts zu tun: Tango ist der Name eines Brettspiels – und mit dessen Hilfe sollen in den nächsten Jahren 100 Studenten im berufsbegleitenden Studiengang Master of Organizational Management am Institut für Arbeitswissenschaft etwas über Wertschöpfung in Unternehmen lernen.
Äußerlich sieht Tango so ähnlich aus wie Monopoly: ein großes Brett, beschriftete Felder, farbige Spielfiguren, viele Spielkarten. Bei beiden Spielen geht es darum, in die Rolle eines Unternehmers zu schlüpfen – doch die Gewinnstrategie unterscheidet sich. Sieger bei Monopoly wird, wer die teuersten Straßen besitzt und darauf die größten Hotels baut. Bei Tango jedoch geht es um die inneren Werte eines Unternehmens: Welche Kompetenzen haben die Angestellten und wie kann man deren Wissen am besten nutzen? Wer sind die Kunden und was genau erwarten sie? Sind die Abläufe innerhalb des Unternehmens vernünftig organisiert?
Bei Tango spielen bis zu sechs Teams, die aus je vier Personen bestehen. Jedes Team leitet ein wissensbasiertes Unternehmen, etwa eine Werbeagentur oder eine Unternehmensberatung. Auf das Spielbrett kommen nun einzelne Aufträge von Kunden. Die Teams müssen versuchen, die Aufträge zu bekommen – doch dabei zählt nicht nur der Preis ihres Angebotes, sondern auch das Image der Teamfirma.
Doch die Teams konkurrieren nicht nur um Aufträge, sondern auch um Mitarbeiter. Die Bewertungskriterien sind sehr komplex, und es gilt, über mehrere Runden eine Strategie zu haben und damit erfolgreich zu sein. Unvorhergesehene Ereignisse bringen den Zufall ins Spiel.
„In der Vergangenheit haben Unternehmen Rohstoffe eingekauft, in ihrer Fabrik standardisiert bearbeitet und dann wieder verkauft“, sagt Uta Wilkens, Professorin am Lehrstuhl für Arbeitsmanagement und Personal an der Ruhr-Universität Bochum. Doch heute seien Dienstleistungen wichtiger: „Der Mehrwert in Unternehmen entsteht durch die Ideen der Mitarbeiter.“
In den Bilanzen, die die Firmen aufstellen, stehen jedoch nur die toten Werte: Grundstücke, Häuser, Anlagen, Computer. Menschen kommen nicht als Kapital vor, sondern nur als Kostenfaktor. Bei Tango werden darum Zusatzbilanzen aufgestellt, die auch diese bisher vernachlässigten Werte berücksichtigen. Nicht nur in der Lehre an der Universität, sondern auch in den Unternehmen wächst das Bewusstsein für die weichen Erfolgsfaktoren.
„Immaterielle Wirtschaftsgüter sind mindestens ebenso wichtig wie das Thema Geld“, sagt Jörg Mildenberger, der in der Zentrale von DaimlerChrysler als Teamleiter im Bereich Personal für Planspiele zuständig ist. Natürlich sei es schwierig, nicht greifbare Werte in genaue Zahlen zu fassen. „Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass es diese Werte gibt und wie man sie pflegen kann.Wenn das klappt, ist das Ziel schon erreicht“, sagt Mildenberger. Daher spielen auch die Manager des Autobauers Tango, bisher saßen rund 1.500 Mitarbeiter vor den Spielbrettern.
Weil Tango so komplex ist, dauert ein Spiel mehrere Tage. Auch der Preis ist ungewöhnlich: Bezahlt wird nicht einmalig für Spielbrett, Karten und Regelbuch. Stattdessen muss mehrere hundert Euro für jede Person bezahlt werden, die einmal Tango spielt. Im Preis enthalten ist, dass ein speziell geschulter Spieltrainer vorbeikommt, die Regeln erläutert und über das Geschehen wacht.
DaimlerChrysler hatte die Spielerlaubnis für seine Mitarbeiter gleich im Großpacket eingekauft. Als das Unternehmen nicht alles davon selbst aufbrauchte, hat es 100 Spielgutscheine im Wert von 32.800 Euro an die Uni Bochum gespendet. Deshalb können dort auch in den nächsten drei bis vier Jahren jeweils 20 bis 25 Studenten Tango lernen. SEBASTIAN HEISER