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Archiv-Artikel

„Natürlich sind wir parteilich“

Susanne Pötz-Neuburger gründete 1978 den Feministischen Juristinnentag, der heute in Bremen stattfindet

Feministische Juristinnen sind Anwältinnen, die Kinder ihren Vätern wegnehmen, oder?

Susanne Pötz-Neuburger: Wir betrachten das Recht aus einem parteilichen Blickwinkel und legen diesen im Gegensatz zu vielen anderen offen. In kindschaftsrechtlichen Konflikten, die ja häufig als Kampf der Geschlechter wahrgenommen werden, gilt es, die Interessen von Frauen zur Geltung zu bringen. Das ist aber nur ein sehr kleiner Teil der Arbeit von feministischen Juristinnen, was oft anders dargestellt wird.

Wie meinen Sie das?

In den Medien zeigt sich, dass Frauen nach wie vor eine sehr schwache Lobby haben. Eine Statistik darüber, wie viele Väter keinen Unterhalt für ihre Kinder zahlen, finden die Leute viel weniger interessant als einen Fall, wo eine Frau angeblich ihren Ex-Mann „abzockt“ und ihm dabei seine Kinder vorenthält.

Wollen die Frauen kein Geld?

Natürlich wollen sie ihre Kinder nicht alleine oder mithilfe staatlicher Subventionen durchbringen müssen. Zugleich wollen die meisten, dass die Väter regelmäßig ihre Kinder sehen. Viele Männer sind dazu nach meiner Erfahrung nicht bereit – worüber niemand berichtet oder prozessiert.

Sind Frauenrechte zu Mutterrechten mutiert?

Angesichts der Debatte um die niedrige Geburtenrate besteht tatsächlich die Gefahr, dass Frauen nur noch unter diesem Gesichtspunkt wahrgenommen werden – was ein Rückschritt von locker 50 Jahren wäre. Wir treten dafür ein, dass Frauen die Möglichkeit haben, sich für Mutterschaft zu entscheiden. Das ist übrigens nichts Neues, sondern knüpft an unsere Forderungen aus der Abtreibungsdebatte an.

Was fordern Sie heute?

Bedingungen am Arbeitsplatz, die auch auf Frauenbiographien zugeschnitten sind.

Sie sind seit über 30 Jahren Juristin – was waren für Sie die größten Erfolge?

Auf einer persönlichen Ebene: Dass es mir gelungen ist, in einer Zeit, in der das völlig unüblich war, qualifizierte umfangreiche Berufstätigkeit mit dem Aufziehen von drei Kindern zu verbinden. Politisch: Dass es eine Abtreibungsregelung gegeben hat, mit der wir leben können, die Gleichstellungsgesetze und die Anerkennung von Gewalt in der Ehe als Straftatbestand.

Letzteres geschah erst 1997. Gibt es heute noch etwas, was Sie ähnlich skandalös finden?

Ja, zum Beispiel das fehlende Aufenthaltsrecht für Opfer von Menschenhandel. Die Frauen dürfen nur so lange im Land bleiben, wie sie als Zeuginnen gebraucht werden. Danach werden sie abgeschoben und sind den Tätern im Herkunftsland wieder ungeschützt ausgeliefert.

Fragen: Eiken Bruhn

Feministischer Juristinnentag vom 7. bis 9. April, Jugendherberge Bremen.