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Archiv-Artikel

„Die Idee ist nur so gut wie ihre Realisierung“

Auch in diesem Jahr will das Bezirksamt von Friedrichshain-Kreuzberg wieder das „Myfest“ veranstalten. Das dient dazu, Jugendliche von Krawallen abzuhalten. Koordinatorin Sylvia Fischer sieht sich auf gutem Wege

taz: Frau Fischer, vergangenes Jahr hat es beim Berliner 1. Mai erstmals nach vielen Jahren deutlich weniger Krawalle gegeben. Glauben Sie, dass das Eis gebrochen ist?

Sylvia Fischer: Generell habe ich die Hoffnung. Keine Ahnung jedoch, ob am 1. Mai die schweren Konflikte zwischen Kurden und Türken nicht auch hier ausgetragen werden. Ob der 1. Mai in diesem Jahr friedlich bleiben wird – dafür kann ich meine Hand leider nicht ins Feuer legen.

Worauf stützte sich der Erfolg Ihrer Initiative, das Myfest, im vergangenen Jahr?

Dass es letztes Jahr verhältnismäßig friedlich ablief, ist nicht nur das Resultat von dem einen Myfest. Die Diskussion um einen friedlicheren 1. Mai läuft ja schon seit einigen Jahren. Dabei ist immer stärker herausgekommen: Die Kreuzberger haben keine Lust mehr auf Randale. Vor zwei Jahren haben wir dann verstärkt Schulen und Jugendeinrichtungen einbezogen. Jugendliche haben viel Adrenalin. Dagegen spricht auch nichts, solange ihnen klar gemacht wird, dass sie für alles einen Preis zu zahlen haben. Wenn ich auf einem brennenden Auto posiere, ist es vom Gefühl das Gleiche wie auf der Bühne zu rappen. Der Preis bei Krawallen ist jedoch viel höher.

Wie wollen Sie erreichen, dass es dieses Mal friedlich bleibt?

Ich weiß, dass es jede Menge Anwohner gibt – zum großen Teil mit Migrationshintergrund –, die eine Zukunft für ihre Kinder haben wollen. Diese Zukunft geht den Kids jedoch flöten, wenn sie wegen körperlicher Gewalt und Krawalle hinter Gittern landen. Auf dieses Verantwortungsbewusstsein setze ich.

Sie sprechen bisher von Migrantenkids. Die Autonomen spielen aus Ihrer Sicht keine Rolle mehr?

Ich fände es gut, wenn es möglich wäre, auch diese Gruppen stärker einzubinden. Denn ich glaube, dass von ihnen viele Inhalte angesprochen werden, die in der großen Politik ausgeblendet werden. Es liegt jedoch ganz an ihnen, ob sie mitmachen.

Immerhin wird das Fest von linksradikaler Seite weitgehend in Ruhe gelassen – das war vor zwei Jahren noch ganz anders. Ist das Ihr Verdienst?

Ich würde es mal so bezeichnen: Wenn neben mir ein Anwohner steht und sagt, das Myfest sei seine Idee gewesen, dann freue ich mich irrsinnig. Denn es zeigt, unser Konzept ist angekommen. Dann ist es völlig wurscht, wessen Verdienst das war. Unterm Strich ist die Idee auch immer nur so gut wie ihre Realisierung.INTERVIEW: FELIX LEE