: Die neue FDP
FREUDE Nach dem knappen Scheitern bei der Bundestagswahl hofft die Euro-Gegner-Partei AfD auf die Europa- und Landtagswahlen – und lästert über die FDP, der sie viele Wähler abgenommen hat
AUS BERLIN MALTE KREUTZFELDT
Nein, für den Einzug in den Bundestag, mit dem viele Mitglieder fest gerechnet hatten, hat es am Ende nicht gereicht. Dennoch herrscht beim Vorstand der Alternative für Deutschland (AfD) am Montag nach der Wahl betont gute Stimmung. „Objektiv betrachtet ist ein Ergebnis von 4,7 Prozent für eine frisch gegründete Partei ein sehr achtbares Ergebnis“, sagte der Vorsitzende Bernd Lucke.
Die Partei, deren wichtigste Forderung eine Auflösung des Euroraumes ist, strebt nun einen Erfolg bei den Europawahlen im Mai und den Landtagswahlen in der zweiten Jahreshälfte 2014 an. Die Aussichten sind dort tatsächlich besser: Anders als bei der Bundestagswahl brauchen Parteien in Deutschland nur 3 Prozent der Stimmen, um ins Europaparlament einzuziehen. Und in den östlichen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg, in denen im nächsten Jahr gewählt wird, hat die AfD bei der Bundestagswahl überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Dem steht allerdings entgegen, dass bei Landtagswahlen andere Themen wahlentscheidend sind. In Hessen bekam die AfD bei der Landtagswahl mit 4 Prozent deutlich weniger Stimmen als bei der Bundestagswahl, bei der 5,6 Prozent der Hessen AfD wählten.
Unverhohlene Freude zeigten führende AfD-Vertreter über das Scheitern der FDP. „Wenn die FDP das vorher gewusst hätte, hätte sie sich in der Euro-Frage sicherlich anders aufgestellt“, stichelte Lucke. „Sie hat deutlich gespürt, dass ihr die Unterstützer abhandengekommen sind.“
Wähleranalysen zeigen, dass etwa ein Viertel der jetzigen AfD-Wähler bei der letzten Bundestagswahl noch die FDP gewählt hat. Das ist die größte Gruppe. AfD-Vorstand Alexander Gauland hatte darum schon am Sonntagabend verkündet: „Wir sind gewissermaßen die politischen Erben der FDP.“ Auf das aktive Abwerben frustrierter FDP-Mitglieder, die mit dem europapolitischen Kurs ihrer Partei nicht einverstanden sind, will die AfD aber verzichten.
Doch nicht nur von der FDP hat die AfD viele Stimmen bekommen. Auf dem zweiten Platz folgen ehemalige Wähler der Linkspartei, dann der Union. Lucke sieht darin einen Beleg dafür, dass man ein breites bürgerliches Spektrum anspreche. Bei der Abgrenzung nach rechts sieht er keinen Handlungsbedarf. „Wir haben uns bis zur Ermüdung abgegrenzt gegen extremistische Strömungen“, sagte er am Montag.
Hier widerspricht der Düsseldorfer Rechtsextremismusforscher Alexander Häusler. Die AfD habe mit rechtspopulistischen Aussagen etwa zum Thema Zuwanderung auch „den rechten Rand mitbedient“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst. Deshalb gelte es im Auge zu behalten, ob die AfD zur Europawahl diese Themen verstärken werde.
Im Wahlprogramm der AfD finden sich einige Themen, die nach rechts anschlussfähig sind, etwa eine restriktivere Einwanderungspolitik. „Die ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme muss unbedingt unterbunden werden“, heißt es etwa. Der Energieexperte der Partei schürte im Wahlkampf Zweifel am Klimawandel. Auch in der Familienpolitik vertritt die AfD konservative Positionen. So marschierte die Berliner Bundestagskandidatin Beatrix von Storch beim gegen Abtreibung gerichteten „Marsch für das Leben“ in der ersten Reihe mit.
In der Mitgliedschaft wurde die knappe Wahlniederlage teilweise weniger gelassen aufgenommen als in der Führung. In sozialen Netzwerken, wo die Partei stark vertreten ist, twitterten viele eine „Verschwörung“ und „Wahlbetrug“. Ähnliches war auch schon am Sonntag am Rande der Wahlparty geäußert worden.