Alle wollen helfen

Zwei Jahre wurde in Bremerhaven ein Konzept zur Drogenarbeit entwickelt. Entgegen früherer Zusagen verhinderte die CDU das Projekt – und will den „Kontaktladen“ an den Hafen verbannen

von Christian Jakob

Paul Bödeker ist beleidigt. „Persönlich diffamiert“ fühlt er sich. Und das nur, weil er „sachlich diskutiert“ habe. Dabei hätte er das gar nicht nötig gehabt. Denn so oder so hätte er wohl bekommen, was er wollte.

Bödeker ist Fraktionsvorsitzender der CDU in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung. Und in dieser Eigenschaft ein erbitterter Gegner der Pläne für ein Suchtzentrum im Bremerhavener Stadtteil Lehe. Diese seien „ein Fehler“, schreibt Bödeker.

Das Zentrum, so war es bisher gedacht, sollte den alten „Kontaktladen“ für Drogenkosumenten in der Heinrichstraße ersetzen. Durch verlängerte Öffnungszeiten und die Bündelung verschiedener Angebote sollte der Konflikt zwischen Drogenszene und AnwohnerInnen entschärft werden.

Heiko Janßen von der Stadtteilkonferenz Lehe hält viel von dem Vorhaben. „Zwei Jahre wurde das Konzept von Bürgern, Vereinen und Experten ausgearbeitet. Am Ende waren alle zufrieden.“ Wohlweislich hatte man die Festlegung des Standortes an das Ende der Beratungen gesetzt, um die Debatte im Stadtteil objektiv führen zu können. Schließlich wurde vom Gesundheitsdezernat eine Immobilie namens „Schiefhausen“ in der Rickmersstraße als Domizil des Suchtzentrums ausgesucht. Doch dagegen liefen einige Anwohner Sturm.

Hinter der Immobilie hat der Sportverein „SC Sparta“ seine Anlagen. Und dessen Sprecher, Jürgen Dreyer, hat arge Befürchtungen. „Zehntausend Drogenabhängige“ würden sich „konzentriert ballen“, so fürchtet er, falls das Zentrum eingerichtet wird. „So viel Drogenabhängige gibt es hier nämlich“, weiß er. Was ihm entgangen ist: Zwar gibt es Schätzungen zufolge tatsächlich zehntausend Abhängige in Bremerhaven, allerdings sind hierbei Alkohol-, Spiel- und alle anderen Suchtformen mit eingerechnet. „Natürlich“ müsse „diesen Leuten“ geholfen werden“, sagt auch Dreyer, „aber doch nicht inmitten von Schulen und Kindergärten“. So sieht es auch der Fraktionsvorsitzende Paul Bödeker – und legte ein Veto gegen das Zentrum ein. Helfen, „keine Frage“, will natürlich auch er. Dazu will er den alten, nach Meinung von Kritikern völlig unzureichenden, „Kontaktladen“ in Container am Hafeneingang verlegen lassen. Ein Verbleib am alten Standort in der Heinrichstraße sei wegen des „starken Widerstandes“ der Bevölkerung nicht zu machen.

Jörg Schulz (SPD), Oberbürgermeister von Bremerhaven, sieht nun für das neue Zentrum keine Zukunft mehr. „In den Haushaltsberatungen im März hat die CDU einfach die notwendigen Mittel blockiert. Damit ist die Sache eigentlich vom Tisch.“ Ende der Debatte.

Heiko Janßen von der Stadtteilkonferenz geht das gegen den Strich. Dadurch, dass die Drogenszene derzeit praktisch sich selbst überlassen werde, eskalierten die Probleme in Lehe, so Janßen. Deshalb sei das neue Zentrum dringend notwendig. „Also müssen wir wohl dranbleiben.“