PORTRAITDie Ungerührte

Maria Flachsbarth wird wohl niemals Ministerin. Sie scheint es auch gar nicht mehr zu wollen: In Schleswig-Holstein hat sie 2004 den Sprung ins Kabinett knapp verpasst, seither hat sie Niedersachsens Ministerpräsident zweimal einen Korb gegeben: Schon 2005 wollte der sie zur Chefin des Sozialressorts machen, jetzt wieder.

Aber die hannoversche CDU-Chefin bleibt lieber in Berlin – und diesmal überrascht das nicht. Denn dort ist 2010, ganz unverhofft, zum Jahr der Maria Flachsbarth geworden. Oder müsste es werden. Einmal, weil die Tierärztin, seit 2002 im Bundestag, ab heute den Gorleben-Untersuchungsausschuss leitet. Das garantiert Öffentlichkeit. Und dann ist die Katholikin noch religionspolitische Sprecherin der Unionsfraktionen. Und da bietet das laufende Jahr mit Käßmann-Rücktritt, Missbrauchsskandal und Papstjubiläum auch wieder tolle Chancen zur Profilierung. Die hat Flachsbarth allerdings bislang eher versemmelt. Nix fiel ihr zu fünf Jahre Ratz in Fischers Schuh’n ein, noch weniger dazu, dass Priester jahrelang ihre Schäfchen befummelt haben: Die Gesellschaft müsse aufmerksamer werden, forderte sie. Zu Margot Käßmanns Alko-Fahrt hingegen gab sie ein Interview im Deutschlandradio: Im Amt zu verbleiben wäre der Ratsvorsitzenden wohl möglich, aber „sicherlich sehr, sehr schwierig gewesen“ – so ungerührt kommentierte Flachsbarth den Rücktritt der Ratsvorsitzenden. Recht hatte sie zwar. Aber viele wunderten sich doch, hier ganz ohne Tränchen erst mal eine schroffe Analyse serviert zu bekommen. Das ist aber Flachsbarths Stil. Laut und emotional liegt ihr nicht, polarisieren auch nicht: Manche ihrer Reden sind mäandernde Fachreferate, die zu keiner erkennbaren These gelangen. Wobei: Gerade erneuerbare Energien, Solarstrom und so, da ist sie schon dafür: Als „energiepolitisches Feigenblatt der Unionsfraktionen“ ist sie im Bundestag deshalb schon bezeichnet worden. Vor diesem Hintergrund wirkte Renate Künasts scharfe Vorabkritik an ihr merkwürdig: Die grüne Fraktionsvorsitzende hat der designierten Ausschuss-Vorsitzenden nämlich Befangenheit unterstellt. Weil Flachsbarth sich für eine weitere Erkundung des Gorlebener Salzstocks ausgesprochen hatte. Eine ergebnisoffene.

Die Attacke dürfte ein Missverständnis sein. Denn Flachsbarth verwendet das Wort tatsächlich in einem eher naturwissenschaftlichen Sinn. „Ergebnisoffen meint“, so sagte die Abgeordnete der taz, „dass am Ende der Untersuchung das Ergebnis stehen kann: Der Salzstock ist nicht als Endlager geeignet.“ Und wahrscheinlich wird sie arg überrascht sein, sobald sie merkt, dass viele ihrer ParteikollegInnen dasselbe sagen. Und es doch ganz anders meinen. BES

Fototext:Dr. med. vet., religionspolitische Sprecherin der Unionsfraktionen, Vorsitzende des CDU-Bezirks Hannover sowie des Gorleben-Untersuchungs-ausschusses: Maria Flachsbarth Foto: dpa