piwik no script img

Archiv-Artikel

Wenn nichts mehr anzuzünden bleibt

Mit „Stars“ und „The Most Serene Republic“ schickt das kanadische In-Label „Arts&Crafts“ heute Abend im Uebel & Gefährlich zwei viel versprechende Bands in das Rennen um die Herzen der Indierocker

Donnerstag, 20 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66

Dass unwiderstehliche Popmusik im Grunde weniger mit Originalität zu tun hat als vielmehr mit der leidenschaftlichen Vereinigung von Idee und Überzeugung, hat die kanadische Indierock-Band mit dem wenig originellen Namen „Stars“ verstanden und unmissverständlich auf den Punkt gebracht: „When there is nothing left to burn, you have to set yourself on fire.“ Mit diesen Worten nebst pathetischen Streichern und Mundharmonika begrüßt das Quintett auf seinem mittlerweile dritten Album „Set Yourself On Fire“ – mit dem es letztes Jahr in Kanada und den USA den großen Durchbruch geschafft hat und auch in den hiesigen Album-Charts immerhin auf Platz 84 eingestiegen ist – die HörerInnenschaft.

„Stars“ wurden Ende der 90er Jahre vom Sänger und Schauspieler Torquil Campbell – der unter anderem in „Law & Order“ und „Sex and The City“ zu sehen war – und dem Keyboarder Chris Seligman in Toronto gegründet. Kurz darauf verschlug es die beiden nach New York, wo sie zusammen mit der Gitarristin und Sängerin Amy Millan und dem Bassisten Evan Cranley – mittlerweile ebenfalls bekannt durch ihren Beitrag zum Indie-Phänomen „Broken Social Scene“ – 2001 ihr erstes Album „Nightsongs“ aufnahmen. Zwei Jahre darauf folgte der zweite Longplayer „Hearts“.

Schließlich hat es die „Stars“ nach Montreal verschlagen, dessen erfrischend quirlige Musikszene – „Godspeed You Black Emperor“ oder „The Unicorns“ erblickten hier das Licht der Welt – spätestens seit „The Arcade Fire“ mit ihrem Debüt „Funeral“ für Furore sorgten in aller Munde ist. Beheimatet sind „Stars“ auf dem kanadischen Independent-Label „Arts&Crafts“, das innerhalb kürzester Zeit mit Veröffentlichungen rund um die grandiosen „Broken Social Scene“ – u. a. „Apostle of Hustle“ und „Feist“ – berechtigte Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.

Der melancholische, reichlich gezuckerte, elektronisch angehauchte Gitarrenpop der Kanadier wird vor allen Dingen von den samtweichen Stimmen von Torquil Campbell und Amy Millan getragen.

Wer „Stars“ im letzten Herbst als Support von „Broken Social Scene“ – oder vor einigen Monaten als Headliner im Molotow – verpasst hat, bekommt heute eine zweite Chance, eine der interessantesten Indiebands der letzten Jahre live zu erleben.

Unterstützt werden „Stars“ auf ihrer Europa-Tournee von ihren blutjungen wie hyperaktiven Label-Kollegen von „The Most Serene Republic“, die ebenfalls schon vor „Broken Social Scene“ zu sehen waren. Der vielleicht verschrobenste „Arts&Crafts“-Act – übrigens der Erste ohne Beteiligung irgendeines Mitglieds von „Broken Social Scene“ – kommt aus der Nähe von Toronto und beweist mit ähnlich wahnsinnigen Sprüngen, rasanten Fahrten und Flügen durch Songwriting und Elektronik wie „The Flaming Lips“, dass die Enthierarchisierung des Rock nicht notwendig in Beliebigkeit enden muss. „The Most Serene Republic“ haben diese Tage ihren ersten Longplayer „Underwater Cinematographer“ wiederveröffentlicht. ROBERT MATTHIES