Mühlenhaupt ist tot

Kurt Mühlenhaupt war einer, der von sich sagte, er habe Berlin in sich. Am Sonntag starb der Künstler 85-jährig

Berliner Stadtlandschaften, vor denen dralle Menschen auf zierlichen Füßen fröhlich untergehen, hat Kurt Mühlenhaupt gemalt. Vor der Gedächtniskirche, der Eckkneipe oder der Hinterhoffabrik stehen sie rum, seine Kohlenhändler, Straßenfeger, Bettler und Putzfrauen. Oft kommen sie etwas zu farbig daher für den staubigen Berliner Alltag, aber immer mit einem lachenden Auge trotz ihrer Verlorenheit. Meistens sind sie übrigens irgendwie in eine Schräge gerutscht. Das gibt ihnen so eine ausweglose Beweglichkeit. Man tut was, aber mitunter bringt’s wenig.

Mühlenhaupt wusste, was es heißt, sich nach der Decke zu strecken. 60 Jahre musste er alt werden, bis er mit seinen Bildern endlich auch von der Stadt, die er so liebte, wahrgenommen wurde. Ein Vierteljahrhundert lang konnte er die Bestätigung, die er für seine Arbeit erhielt, noch genießen. Am Ostersonntag starb der frühere Hungerkünstler und spätere Malerpoet 85-jährig auf seinem Kunsthof in Bergsdorf.

Mühlenhaupt galt als Berliner Original. Im Zug von Prag nach Berlin geboren, verdiente sich der gelernte Modellbauer, der nach dem Krieg auch ein paar Jahre die Hochschule der Bildenden Künste besuchte, seinen Lebensunterhalt als Leierkastenmann und Trödler. 1961 gründete er das legendäre Künstlerlokal „Leierkasten“ in Kreuzberg und wurde malender Wirt. Der Nimbus vom Milljöh-Lastigen und Zille-Verliebten war darin angelegt. Man war dem Menschen und dem Weingeist zugetan. Die große Kunst konnte warten. In den 70er-Jahren gehörte er mit Günter Grass und anderen zur Gruppe der Berliner Malerpoeten. Das waren Künstler, die schrieben und malten. So kam er langsam und stetig: der Erfolg.

Der Feuerwehrbrunnen auf dem Mariannenplatz ist übrigens von ihm. Mit diesen Figuren wird Mühlenhaupt noch lang nicht untergehen. WS