: Volkswagen wünscht sich was
Bei der heute beginnenden VW-Aufsichtsratssitzung geht es ans Eingemachte: Angeblich steht eine Rückkehr zur Fünf-Tage-Woche bevor. Und die Diskussion um Konzernchef Pischetsrieder geht weiter
von KAI SCHÖNEBERG
Die Schonzeit ist vorbei. Bei der Betriebsratswahl Ende März durften die IG Metaller ungeachtet aller Skandälchen noch mal prächtig abschneiden. Doch nun, so sieht es zumindest die Arbeitgeberseite bei Europas größtem Autokonzern, stehen die Tage der langen Messer unmittelbar bevor. Heute und morgen geht der VW-Aufsichtsrat zu einer Strategiesitzung in Wolfsburg in Klausur. Zwei Knaller stehen offenbar auf der geheimen Tagesordnung: Die Rückkehr zur 35-Stunden-Woche und die Vertragsverlängerung von Konzernchef Bernd Pischetsrieder.
Jeder Golf ist ein Verlustgeschäft, ein Passat läuft in Emden erst nach 54 Stunden vom Band, während die Konkurrenz von Renault in Spanien angeblich nur 17 Stunden für einen Mégane benötigt. Zu viel Schnickschnack, zu teuer. Um die Kosten bis 2008 um zehn Milliarden Euro zu senken, will VW-Markenchef Wolfgang Bernhard eine heilige Kuh schlachten: Das Ende der Vier-Tage-Woche stehe bevor, Bernhard hat seinen Plan, sechs Stunden Mehrarbeit ohne Lohnausgleich für die Belegschaft einzuführen laut Medienberichten bereits von Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch abnicken lassen. Dadurch würden in den sechs westdeutschen Werken 20.000 der knapp 100.000 Stellen überflüssig. Vor allem das Stammwerk in Wolfsburg soll betroffen sein: Dort könnte jeder Zehnte der etwa 50.000 Beschäftigten seinen Job verlieren. Das VW-Werk in Brüssel könnte dichtgemacht werden, auch die Komponentenwerke in Braunschweig, Salzgitter und Hannover stehen zur Disposition. Angeblich sollen etwa 14.000 Beschäftigte vorzeitig in den Ruhestand gehen, der Rest abgefunden werden.
Die Berichte hielt Niedersachsens IG Metall-Chef Hartmut Meine für so gut spekuliert, dass er prompt „das Wunschdenken von Herrn Bernhard“ geißelte. Die Arbeitszeit von 28,8 Stunden sei tarifvertraglich geregelt, sagte Meine, daran könne auch der Aufsichtsrat nicht rütteln. Der solle sich eher um effizientere Produktionsabläufe kümmern. Zudem habe der Konzern bis zum Jahr 2011 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.
Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vermissen zudem weiter konkrete Vorschläge zur Sanierung des Unternehmens. Genau von diesen Plänen wollen die Gewerkschafter offenbar auch die Zukunft von VW-Boss Pischetsrieder abhängig machen. Die beiden Hauptanteilseigner – Porsche und das Land Niedersachsen – hatten sich für eine vorzeitige Vertragsverlängerung Pischetsrieders ausgesprochen. Dagegen zeigte sich Betriebsratschef Bernd Osterloh, der auch im Aufsichtsrat sitzt, verwundert, dass die Großaktionäre „öffentlich sozusagen einen Freibrief ausstellen, ohne dass die künftige Strategie der Restrukturierung der Marke Volkswagen mit all ihren Facetten auf dem Tisch liegt“. Anfang März hatte Piëch Pischetsrieder öffentlich demontiert: Die Vertragsverlängerung bezeichnete er als „offene Frage“.
kommentar SEITE 21