Eine Zeitreise zurück nach 1989, bitte

KAPITALE BRAUSE

Und dann hatten sie auch noch das Brandenburger Tor dicht gemacht.

Der gesamte Pariser Platz war abgeriegelt, durchs Tor nach Westberlin zu kommen, von wo Jubel herüberwehte, vergiss es! Am Tag der Deutschen Einheit war es in Ostberlin zeitreisemäßig also fast wie am 3. Oktober 1989. Respekt, die Veranstalter hatten an alles gedacht – auch die Ausstattung war geradezu originalgetreu. Sie wissen schon, Mauer, antikapitalistischer Schutzwall und so. Auf der Westseite überall die weiß-roten Cola-Schnörkel, mehr Kapitalismus geht ja kaum. Motto von dem Ganzen: „Coke Festival of Happiness“. Logo, was sonst! Man denke an Billy Wilder, der in „1, 2, 3“ den Coke-Boss McNamara nach Berlin schickt, oder an „Good Bye, Lenin!“, wo die rote Reklame letzter Beweis für das Ende der DDR ist. Also hatten die Brause-Menschen ordentlich aufgefahren: Colaflaschen-Türme an der Straße des 17. Juni, neben dem Tor zuckelten riesige rote Ballons. Und damit sich die Gesamtdeutschen erinnern, wie wichtig die Sache mit der Reisefreiheit ist, flimmerte auf den Leinwänden neben der Bühne passende Werbung: „Paris – 49 Euro“, echt nette Reminiszenz an die 100 Mark Begrüßungsgeld, und in einem anderen Clip kurvten schwarz-rot-goldene Autos durch Berlin, Slogan: „Hallo Freiheit“. Die Meute grölte derweil: „Ey, was geht ab, wir feiern die ganze Nacht!“

Harald Büttner, der fürs Bezirksamt Mitte über die Sondernutzung rund ums Brandenburger Tor entscheidet, erzählt, es habe Nachfragen aus der Politik gegeben, ob das mit den Cola-Ballons sein müsse. Da müsse man nächstes Mal wohl strengere Vorgaben machen. Recht hat er, ist ja ein nationales Symbol, das Tor, kein Werbeträger.

Immerhin war am Donnerstag abends um zehn alles wie immer. Und das Brandenburger Tor offen. ANNE HAEMING