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Archiv-Artikel

Die Partei der Abschieber

Verschärfungen des Ausländerrechts in Hamburg geplant. Die alleinregierende CDU will Widerspruchsrechte von Asylbewerbern einschränken und Abschiebungen schneller erzwingen. Integrationskurse nach bundesweitem Muster

Von Sven-Michael Veit

Knallharte Verschärfungen für Migranten und Asylbewerber will die Hamburger CDU durchsetzen. Maßnahmen gegen etwaigen Missbrauch von Sozialhilfe sowie das weitgehende Streichen der Rechtsmittel in Asylverfahren beschloss der Kleine Parteitag am Mittwochabend nahezu einstimmig. Lediglich die Forderung, das Bleiberecht für „Altfälle“ abzuschaffen, kam nicht durch. Eine Arbeitsgruppe soll sich bis zum Juni mit dem Thema erneut befassen.

Innensenator Udo Nagel freute sich über diesen „Rückenwind für meine Politik“. Der frühere Polizeichef hatte vor den etwa 200 Delegierten zuvor in einer 20-minütigen Rede den Begriff „Null Toleranz“ auf jede erdenkliche Weise durchdekliniert. „Endlich“ könne die seit zwei Jahren mit absoluter Mehrheit in der Hansestadt regierende CDU „konsequent“ Kriminalität bekämpfen und Abschiebungen durchsetzen, ohne vom früheren Koalitionspartner FDP „behindert zu werden“.

„Kompromissloses Einschreiten“ gegen Kriminelle überhaupt, vor allem aber gegen „straffällige Ausländer“ und „islamistische Terroristen“ sei „ein Leuchtturm“ der gemeinsamen Politik von ihm und CDU, behauptete der parteilose Senator, den Rechtspopulist Ronald Schill vor vier Jahren als Polizeipräsidenten aus München zuwandern ließ. Denn wer „Sicherheit und Freiheit für einen Gegensatz hält“, unterliege einer „kruden Logik“. In Wahrheit schaffe, so Nagels ausgiebig mit Beifall belohnte innenpolitische Dialektik, „Freiheit mehr Sicherheit“.

Widerspruch wagte einzig der Abgeordnete Wolfhard Ploog, das liberale Gewissen der christdemokratischen Innenpolitik in Hamburg. „Wir sind doch nicht die Partei der Abschieber“, mahnte Ploog, der Vorsitzender des Petitionsausschusses der Bürgerschaft ist. Vor seinen Augen finden von Abschiebung Bedrohte gelegentlich Barmherzigkeit. Ploog setzte durch, dass die Abschaffung des Bleiberechts vertagt wurde. Damit erhalten Flüchtlinge, die seit mehr als sieben Jahren in der Hansestadt geduldet werden, eine Gnadenfrist.

Beschlossen wurden vom Parteitag drei Aufforderungen an den Senat und die CDU-Fraktion, gesetzgeberisch tätig zu werden. So soll künftig ausgeschlossen werden, dass Flüchtlinge gegen Entscheidungen der Ausländerbehörde Widerspruch einlegen können. Damit sollen „Missbrauchsmöglichkeiten eingeschränkt“ sowie Verfahrens- und Rechtswege gestrafft“ werden, heißt es in dem Antrag. Auf Intervention Ploogs wurde lediglich noch klargestellt, dass die betroffenen weiterhin das Recht hätten, vor die Verwaltungsgerichte und den Petitionsausschuss zu ziehen.

Zudem soll der Datenabgleich zwischen Ausländerbehörde und Sozialbehörde gesetzlich erlaubt werden. Dadurch soll etwaigen Fällen von „Sozialhilfebetrug“ auf die Spur gekommen werden. Asylbewerber erhalten für ihr alltägliches Überleben vorwiegend Sachleistungen und haben keinen Anspruch darauf, zusätzlich Sozialhilfe zu erhalten. Es gebe aber durchaus Doppelbezieher, und deren Enttarnung dürfe nicht länger „dem Zufall überlassen“ bleiben, beschloss die CDU. Deshalb müsse der Datenabgleich erlaubt werden.

In der Frage der Einbürgerung will die Union eine bundeseinheitliche Regelung abwarten. Auf ihrer nächsten Konferenz Anfang Mai wollen sich die Innenminister von Bund und Ländern im Grundsatz darauf verständigen. Bevor Senator Nagel ins heimatliche Garmisch-Partenkirchen entfleuchte, gab die Hamburger CDU ihm gleich einen Eckpunkt vor: die Teilnahme an Integrationskursen müsse verpflichtend sein. Neue Staatsbürger müssten die deutsche Sprache ausreichend beherrschen und sich zudem zu „den Werten und der gesellschaftlichen Ordnung“ in Deutschland bekennen.

Wer das nicht überzeugend tue, ist hierzulande nicht gern gesehen. Denn die Abschiebungen sind in Hamburg seit 2003 gesunken. Die „Zahl der Rückführungen“, beschloss der CDU-Parteitag deshalb, „ist noch ausbaufähig“. Und zwar, bitteschön, „zeitnah und notfalls zwangsweise“.