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Archiv-Artikel

Integrationsdebakel wirkt sich aus

betr.: „Gegen rechts nur Gerede“, taz vom 20. 4. 06

All das Betroffenheitsgesäusel über den rassistischen Mordversuch an dem 37-jährigen Deutschäthopier widert mich an. Gewalttaten der rechten Szene sind seit Jahren an der Tagesordnung. Wird es so extrem wie jetzt in Potsdam, gibt es ein kurzes Aufhorchen, Maßnahmen und Programme gegen rechts werden gefordert, es gibt Gottesdienste und Lichterketten, und das war’s dann wieder. Die Herde grast gemütlich weiter, die Empörung verpufft rasch. Dass dies auch auf eine in weiten Bevölkerungsschichten verbreitete ausländerfeindliche Stimmung zurückzuführen ist, findet kaum Erwähnung. Das Integrationsdebakel wirkt sich auch hier aus.

Viele der rechtsextremen jungen Leute sehen sich als Opfer. Sie beklagen mangelnde Perspektiven, fehlende oder zu geringe staatliche Förderung. Als gebürtiger Ostfriese komme ich aus einer strukturschwachen Region. Meine Lehrer haben mir schon in den 80er-Jahren klar gemacht, dass ich ein hohes Maß an Mobilität aufbringen muss, um auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft zu bestehen. So machte ich mich mit 20 auf, lernte und arbeitete in sechs Bundesländern. Ohne mein persönliches Engagement wäre auch mein Leben wahrscheinlich eher perspektivlos. Wer nicht bereit ist, seine Chancen durch hartes Lernen und Weiterbilden sowie durch die Bereitschaft zum Ortswechsel zu verbessern, muss auf Wunder warten. Aus Frust und dummem Hass fremde Menschen zu attackieren ändert nichts, ruiniert oder kostet schlimmstenfalls das Leben der – tatsächlichen – Opfer. PAUL HOCHMANN, Haltern am See

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