Senat will für Studiengebühren streiten

RECHTSSTREIT Der Bremer Senat will den Prozess um die Landeskinder-Regelung bei den Studiengebühren führen – die Grünen wollen sie aber auch im Falle eines juristischen Erfolges auf keinen Fall

Die Grünen wollen nicht mit Strafe, sondern mit Belohnung Landeskinder machen

Der Bremer Senat will um das Recht kämpfen, Studiengebühren für solche Studierende zu nehmen, die ihren ersten Wohnsitz außerhalb des Landes Bremen haben. Am Dienstag wurde der Prozessbevollmächtigte Joachim Wieland, Jurist an der Verwaltungshochschule Speyer, beauftragt, seinen vorbereiteten Schriftsatz fristgemäß zum 30. 4. dem Bundesverfassungsgericht zuzuleiten. Mit Urteil vom 17. 9. 2007 hatte das Bremer Verwaltungsgericht erhebliche Bedenken formuliert und die Frage an das Verfassungsgericht weitergegeben.

Auch im Falle eines juristischen Erfolges wollen die Grünen aber auf keinen Fall Studiengebühren – auch nicht von Pendlern. Von Anfang an sei ihre Fraktion der Auffassung gewesen, dass das Gesetz gegen die Verfassung verstößt, erinnert Silvia Schön (Grüne). Die Grünen sind dafür, mit einem „Begrüßungsgeld“ von 150 Euro Studierende zur Ummeldung zu locken. Die SPD hat sich bisher nicht festgelegt. Da das Gesetz auf fünf Jahre befristet war, müsste es in der Koalition Einigkeit geben für eine Verlängerung.

„Gerade aus der föderalistischen Struktur des Grundgesetzes“, so will der Jurist in Karlsruhe grundsätzlich argumentieren, sei es konsequent, wenn die Landesgesetzgeber „die Erhebung von Studiengebühren unterschiedlich regeln können und dabei zwischen Studierenden mit Wohnort im Land und außerhalb des Landes unterscheiden dürfen“.

2005 war das Gesetz verabschiedet worden, seit einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtes 2007 ist es außer Vollzug gesetzt. Ein kleiner „Schatz“ liegt seitdem auf der hohen Kante des Wissenschaftsressorts. Nach dem Gesetz sollen die ersten beiden Semester für alle gebührenfrei sein. „Landeskinder“ haben insgesamt 14 freie Semester. Wer seinen Wohnsitz nicht an den Studienort Bremen verlegen will, muss ab dem 3. Semester jeweils 500 Euro zahlen.

Die Landeskinder-Klausel verstoße gegen das Grundrecht der „Freizügigkeit“ nach Artikel 11 Grundgesetz, meinte das Verwaltungsgericht damals. Auch in Hamburg waren Studiengebühren für „Auswärtige“ vom Gericht gestoppt worden. In Rheinland-Pfalz gibt es ein entsprechendes Gesetz, das aber nicht in Kraft gesetzt wurde. In Berlin wird mit Spannung auf die gerichtliche Klärung gewartet.

Die Studiengebühren für Auswärtige war 2005 ein Kompromiss der großen Koalition – die CDU wollte allgemeine Studiengebühren, die SPD eher keine.

Die Studiengebühren beeinträchtigten nicht die Freizügigkeit, argumentiert nun Wieland, weil das Grundrecht grundsätzlich gilt – unabhängig von der Abwägung, welche finanziellen Vorteile oder Nachteile ein Umzug haben würde. Das Bundesverfassungsgericht habe das Land Bremen verpflichtet, alle Einnahme-Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein zusätzlicher Bürger bringt über den Länderfinanzausgleich zusätzliche Einnahmen, mit denen Kosten der Hochschule gedeckt werden können. Für Schüler an Privatschulen, so argumentiert Wieland, gelte übrigens auch das Landeskinder-Prinzip – mit Billigung oberster Gerichte: Das Land zahlt Schulgeld an Privatschulen – aber nur für „Landeskinder“.

Wann das Bundesverfassungsgericht die Frage verhandelt und entscheidet, ist vollkommen offen. kawe