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Archiv-Artikel

nebensachen aus douala Vor und nach der Verhaftung ein Isenbeck

Um 22 Uhr lande ich in Douala. Schnell merke ich, dass die Stadt nicht entspannt in die Nachtruhe geht. Während der Fahrt vom Flughafen schaut der Taxichauffeur ständig besorgt in den Rückspiegel. Bei einem liegen gebliebenen Auto vermutet er sofort einen Hinterhalt und gibt Gas. Die ganze Zeit murmelt er, wir sollten besser schnell das Hotel erreichen.

Auch die Hotelsuche ist eine Frage der Sicherheit. Es gibt solche, wo nur Rezeption und Bar überfallen werden, und solche, wo die Banditen bis in die Zimmer kommen. Ich entscheide mich für die erste Kategorie. Nachdem das Gepäck im Hotel verstaut ist, begebe ich mich auf Erkundungstour gemäß dem Rat: „Willst du Land und Leute kennen lernen, dann gehe in die Kneipen.“ Bei dem Streifzug begegne ich besorgten Leuten, die schnell die letzten Spuren von Leben auf den Bürgersteigen beseitigen – als ob um Mitternacht die Geisterstunde begänne.

In Kameruns Kneipen trinkt man unter anderem „Isenbeck“, das sich seiner deutschen Brauart rühmt. Meine Kollegen lassen jedoch das angeblich französische „Mützig“ ihre Kehlen hinunterfließen, bis die Bierbudenbesitzerin Schlag Mitternacht die Eisentür verrammelt. Uns überlässt sie auf der kleinen Straßenterrasse der Geisterstunde.

Ein Mannschaftswagen der Polizei taucht auf. Die zerbrochenen Glühbirnen in den Scheinwerferhöhlen haben sein Herannahen nicht angekündigt. Nur im letzten Moment quietscht und klappert das windschiefe Fahrgestell. Wer jetzt noch Bier und Schnaps konsumiert, kann sich für eine freiwillige Geldbuße entscheiden oder sich zum Revier fahren lassen. Vielleicht hätte ich auch bloß etwas in die Kaffeetasse auf dem Armaturenbrett zu werfen brauchen, weil ich keinen Ausweis dabei habe.

Auf dem Weg zur Wache nehmen wir noch ein paar junge Damen mit. Insgesamt erreichen neun männliche Verdächtige und drei weibliche das Revier. Einer hat Papiere dabei und versteht nicht, warum er trotzdem verhaftet ist. „Weil ich dich aus meinem Viertel kenne“, sagt der Wachtmeister. Der junge Mann fleht, er wolle nicht in die Zelle und lieber an Ort und Stelle erschossen werden. Der Oberpolizist zieht den Revolver: „Kein Problem.“ Dann ist Ruhe, die Zelle am Ende des Flurs füllt sich, ich bleibe mit den Mädchen zurück. Meine Papiere sollen aus dem Hotel gebracht werden.

Ein weiblicher Gendarm zerrt einen kleinen Burschen in die Wache. „So fängt das Banditentum an!“, keift sie den 8- oder 9-Jährigen an. Beschäftigungslose Kinder ziehen umher, weil ihnen die am Boden liegende Wirtschaft keine Perspektive bietet. Vielen bleibt nur eine Karriere als „Coupeurs de route“, Straßenräuber. Davon will die Polizistin den Streuner offenbar abhalten. Seine Strafe: auf die Knie, Arme spreizen und in jeder Hand eine halb gefüllte Wasserflasche halten: „Bis zum Morgen bleibst du so, oder du bekommst Prügel.“

Nach einer Viertelstunde sind meine Papiere da, und ich verlasse den Ort. Gegen die Aufregung hilft nur ein Isenbeck. In der Bar gegenüber des Hotels brennt noch Licht, aber die Tür bleibt zunächst verriegelt. Dann antwortet eine Stimme: „Okay, kein Problem. Wir dachten, es seien wieder Räuber.“ Die hatten der Lokalität erst vor zwei Stunden einen Besuch abgestattet. So habe ich Glück im Unglück und habe einen Überfall um ein Haar verpasst. HAKEEM JIMO