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Archiv-Artikel

„Ein zahnloser Tiger“

MINDESTLOHN Beim Mindestlohngesetz hat sich mit „Mischtätigkeiten“ schon wieder ein Schlupfloch aufgetan, durch das Unternehmen der Zahlung von mindestens 8,50 Euro pro Stunde entgehen können

Von SCHN
„Bremen subventioniert Unternehmen, die Dumpinglöhne zahlen“

Claudia Bernhard, Die Linke

Claudia Bernhard, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, ist enttäuscht: „Man fragt sich: Wer hat eigentlich was vom Mindestlohngesetz?“ Es sind die Antworten des Senats auf eine Anfrage der Linken zum Thema „Mindestlohn in Bremen“, die ernüchternd wirken.

Da sind zum Beispiel die Aktiengesellschaften wie BLG, Gewoba oder BSAG. Sie müssen keine Mindestlöhne zahlen. Oder die „Mischtätigkeiten“, die zum Beispiel die City-Post durchführt: Sie erledigt sowohl öffentliche als auch private Aufträge: „Eine Schaffung von Doppelstrukturen in den Unternehmen“, heißt es in der Senats-Antwort, „bei welchen die Bearbeitung öffentlicher und privater Aufträge technisch und personell getrennt zu erfolgen hätte, wäre ökonomisch nicht zumutbar und rechtlich nicht vertretbar.“ Das Austragen privater Post unterläge nicht der Verpflichtung zur Mindestlohn-Zahlung, „denn dies würde bedeuten, dass ein Dienstleister einen öffentlichen Auftrag nur noch dann erhielte, wenn er generell nur Stundenlöhne von mindestens 8,50 Euro zahlte, was als unzulässige Eignungsanforderung einzustufen wäre.“ Also muss die City-Post keinen Mindeslohn zahlen. Bernhard erkennt das Problem, „aber warum werden solche Verträge nicht gekündigt? Bremen subventioniert so Unternehmen, die Dumpinglöhne zahlen.“

Auch jene, die Verträge vor der Verabschiedung des Mindestlohngesetzes abgeschlossen haben, können Niedriglöhne zahlen. Der Vertrag zwischen der Bremer Weser-Stadion GmbH (BWS), an der Bremen zu 50 Prozent beteiligt ist, und dem Catering-Unternehmen Eurest besteht seit vielen Jahren, also kann Eurest zahlen, was es will. Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) und Werder-Bremen-Geschäftsführer Klaus Filbry wollen sich zwar dafür „einsetzen“, dass den Mitarbeitern im Stadion 8,50 Euro gezahlt wird, aber mehr können sie nicht tun. Und: Selbst nach 2024 muss Eurest keinen Mindestlohn zahlen, denn der ist nur Gesellschaften vorgeschrieben, in denen Bremen die Mehrheit hat – und an der BWS ist Bremen nur zu 50 Prozent beteiligt. „Das Bremer Mindestlohngesetz scheint ein zahnloser Tiger zu sein“, sagt Bernhard.  SCHN